Ins Ausland gehen?
Feierabend ist Feierabend - zumindest in Spanien, sagt Irene Garnich. Foto Copyright: © JackF - Fotolia.com

Ins Ausland gehen?

Fragen Sie unseren Coach (2): Ein Leser fragt sich, ob er sich auch im Ausland bewerben soll. Ihm antwortet Irene Garnich, Karrierecoach aus München.

Die Frage: 

Ich überlege, ob ich mich nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland  bewerben soll. Würde ein solcher Schritt meine berufliche Laufbahn stärken oder bewege ich mich dadurch vielleicht ins Abseits?

Die Antwort von Karrierecoach Irene Garnich: 

Meine eigene Erfahrung ist, dass ein solcher Schritt Sie persönlich und beruflich enorm weiterbringen kann. Ich selbst war während meines Studiums in Neuseeland und habe später mehrere Jahre in Spanien in einem internationalen Unternehmen gearbeitet. In allen Bewerbungsgesprächen, die ich vor meiner Selbstständigkeit geführt habe, waren die Auslandsaufenthalte eine wichtige Frage. Wer sich entscheidet, einige Jahre auch im Ausland zu arbeiten, der beweist Mut, Neugier und Entschlossenheit. Das imponiert jedem Arbeitgeber.

Dazu kommt: In internationalen Unternehmen und Organisationen ist eine berufliche Station im Ausland fast schon ein Muss. In jedem Fall wird es gerne gesehen. Und auch für mittelständische Unternehmen oder gar Behörden kann ein Auslandsaufenthalt das entscheidende Kriterium sein. Denn dort finden sich seltener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die interkulturelle Kompetenzen vorweisen können. Man schließt also womöglich eine interne Lücke.

"Denken Sie beim Schritt ins Ausland nicht zu konventionell."

Natürlich kommt ein solcher Schritt auf Ihre individuelle Situation an. Es macht am meisten Sinn, wenn noch keine Familie gegründet wurde, und man örtlich oder auch privat ungebunden ist. Manche Akademiker gehen direkt nach dem Studium ins Ausland, andere arbeiten zunächst einige Jahre in Deutschland und suchen dann eine Stelle auf dem europäischen, amerikanischen oder asiatischen Arbeitsmarkt.

Ich rate dazu, auch beim Schritt ins Ausland nicht zu konventionell zu denken. Welche Talente haben Sie? Haben Sie ein bestimmtes Faible? Wie könnten Sie dies mit Ihrem Auslandsjob verbinden? So können Sie die Möglichkeit nutzen, ihrem Lebenslauf eine persönliche Note zu geben, sich zu spezialisieren und eine thematische Nische zu besetzen. Ein Auslandsaufenthalt ist im Idealfall ein Stein im persönlichen Mosaik Ihrer beruflichen Entwicklung und Karriere.

Wenn Sie in verschiedenen Ländern suchen, sollten Sie nicht unbedingt danach gehen, ob Sie die Sprache können. Denn die Sprache lernen Sie im Zweifel sehr schnell vor Ort – schon alleine, weil Sie es müssen. Und in international aufgestellten Unternehmen und Organisationen wird meist englisch gesprochen.

Die interkulturellen Kompetenzen, die Sie durch einen Auslandsjob aufbauen, sind nicht zu unterschätzen. Man lernt, über den Tellerrand zu schauen. Ein Beispiel: Viele Spanier haben eine komplett andere Herangehensweise an Projekte  als wir Deutsche. Für uns erscheint es auf den ersten Blick häufig chaotisch. Aber die Spanier kommen genauso zu einem guten Ergebnis, aber eben anders und für uns ungewohnt.

Oder das Thema Freizeit: Auch in Spanien wird nach dem Leistungsprinzip gearbeitet. Aber Feierabend ist dort wirklich Feierabend. Die Abendstunden und das Wochenende gehören der Familie und den Freunden.

Nach zwei, drei Jahren im Ausland sollten Sie sich die Frage stellen, wo Sie sich beruflich dauerhaft sehen. Nach einigen Jahren fällt die Rückkehr nach Deutschland oft noch leicht. Wer aber zehn oder 15 Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet hat, dem fällt es eher schwer, sich wieder hier zu akklimatisieren. Übrigens: In keinem europäischen Land ist die Zeugniskultur so ausgeprägt wie bei uns. Sie werden also im Ausland nicht mit Arbeitszeugnissen überschüttet.

Mein Fazit zu Ihrer Frage: Wagen Sie den Schritt ins Ausland. Sie können nur gewinnen! Ich wünsche Ihnen dabei viel Mut, Erfolg und vor allem Glück!

Zum Coach

Irene GarnichIrene Garnich hat als Headhunterin und als Human-Resources-Managerin im Personalbereich von internationalen Unternehmen gearbeitet. Ihre interkulturelle Erfahrung hat sie durch ein Auslandssemester in Neuseeland, durch ihre Arbeit in Spanien in einem Fortune-500-Unternehmen und in der Zusammenarbeit mit europäischen Standorten gesammelt.

Sie gehört zu den Kooperationspartnern des Wissenschaftsladen Bonn und der arbeitsmarkt-Hefte. Mehr zu unserem Coaching-Programm erfahren Sie auf diesen Seiten.

Teil 1 der Serie: Neuer Chef, neuer Stress - wenn sich die Firma zum schlechten wandelt 

Text: Benjamin O'Daniel

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