Traumtänzer auf Berufswegen
Es gibt sie immer noch, die Traumtänzer, die in irgendein Studium hineinschlittern. Foto: Fotolia.de / © theartofphoto

Traumtänzer auf Berufswegen

Sieht aus wie ein Roman, den man mit in den Urlaub nehmen könnte – ist aber ein Übungs- und Unterhaltungsbuch für die Jobsuche. Geht das zusammen? Eine Rezension.

Text: Andreas Pallenberg 

Monster-zaehmen-RezensionEigentlich wollte ich ja dieses Buch schreiben. Ein Buch über die Befindlichkeiten einer Akademikergeneration, der nichts anderes übrig bleibt, als die Jobsuche mit Gelassenheit und Humor zu nehmen. So empfiehlt die Autorin zum Beispiel, sich bei anstehenden Entscheidungen zu fragen: „What would Nina Hagen do?“

Das habe ich hin und wieder auch getan, allerdings vor gut 30 Jahren. Vielleicht war es auch eher Udo Lindenberg, der mir auf der Schulter saß. Auf jeden Fall habe ich bei Lektüre dieses „Unterhaltungsbuches“ mehrfach gedacht: Es hat sich kaum etwas geändert in den letzten 30 Jahren.

Es gibt immer noch solche Traumtänzer wie mich damals, die in irgendein Studium reinschlittern und dann plötzlich und unerwartet die Lehrerlaufbahn einschlagen, diese aber dann doch nicht verfolgen und woanders weiterwurschteln. Es war keine schlechte Zeit. Auch die Autorin empfiehlt, sich auf dieses eher rastlose Leben bewusst einzulassen und Gelegenheiten wahrzunehmen, neue Ziele zu spüren und sich überraschen zu lassen. 

Ulrike Schneeberg beginnt viele Kapitel mit Episoden. Wie unwissenschaftlich! Wie erfrischend! Sie erzählt von Begegnungen und Begebenheiten, die ihr auf ihrem eigenen Lebens- und Berufsweg geholfen haben. Vorher aber formuliert sie – ganz die Pädagogin – eine kleine Inhaltsanalyse („Worum geht’s?“) und Lernziele („Was bringt’s?“). Und sie hat die Leser/innen schnell auf ihrer Seite, wenn sie verspricht: „Sie finden heraus, ob Sie orientierungslos sind, und wenn ja, wie schlimm das wirklich ist.“ 

Die Autorin kennt interessante Leute, weil sie selbst viel ausprobiert hat. Diese Leute stellt sie vor. Zum Beispiel den Germanisten mit seiner Tangoschule oder die Philosophin mit dem Dienstleistungsangebot „Kritisches Denken für Organisationen“. Aber sie kennt neben solchen Exoten auch langweilige Menschen wie den Historiker, der Referent bei der Studienstiftung des deutschen Volkes wurde. Das hilft. Wenn nämlich alle Portraits schillernder als die der Durchschnittsleser/innen wären, würde das nicht gut gehen.

Jobfragen sind Lebensfragen

Die Sprache ist mir hier und da zu flapsig, und auch das kann man getrost als Empfehlung verstehen, denn die Zielgruppe ist durchweg 20 bis 40 Jahre jünger als ich. Und wer es lieber seriös hätte, kann ja auf einige Meter üblicher Bewerbungs- und Jobsuchebücher zurückgreifen.

Was den Charme des Buches ausmacht: Es kommt keine Expertin daher, die wohlmeinend zwar, aber von oben aufklärt und in das kleine Einmaleins der Jobsuche einführt. Die Autorin ist Betroffene und Expertin zugleich. Sie weiß, wie es sich anfühlt, wenn etwas nicht klappt, wenn Pläne nicht aufgehen und wenn Anerkennung ausbleibt. Deshalb kann sie in Interviews die richtigen Fragen stellen und traut sich, auch alternative Lebens- und Karriereentwürfe vorzustellen. Dabei zeigt sie, dass Jobfragen auch immer Lebensfragen sind und sich nur künstlich trennen lassen. 

Auch wenn der Titel mit den „Monstern“ ausführlich erklärt wird – ich finde ihn unglücklich. Er hat etwas Depressives, davon hat das ganze Buch aber nichts. Es ist eher ein unterhaltendes und aufbauendes Buch, das den immer noch und immer wieder Suchenden auf die Schulter klopft, sie in bester pädagogischer Manier zum Weitermachen ermuntert.

Es gibt auch praktische Übungen, ähnlich wie  in der „herkömmlichen“ Bewerbungsliteratur. Die schaut man sich – wenn überhaupt – mal flüchtig an, denkt sich seinen Teil und blättert weiter. Hier gibt es aber ein paar Anregungen, die sich weniger auf die praktische Gestaltung von Bewerbungsphasen, sondern viel mehr auf die individuellen Schwierigkeiten, Unsicherheiten und Ängste beziehen, diese ansprechen und zum völlig normalen Gegenstand der Auseinandersetzung machen. 

Bewerbungslektüre, die keine ist und die man deshalb getrost mit in den Urlaub nehmen kann. Gut so! Und ich muss das Buch nicht mehr schreiben. Auch gut!

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