Mit potenziellen Arbeitgebern telefonieren
Die Kunst, mit wildfremden Menschen zu telefonieren - und dabei auch noch einen guten Eindruck zu machen. Alles andere als einfach. Foto: © WavebreakMediaMicro - Fotolia.com

Mit potenziellen Arbeitgebern telefonieren

Bewerbung verschickt und zack – Stellenzusage. So läuft es nur selten. Viele Jobs bahnen sich regelrecht an. Vorab werden informelle Kontakte geknüpft. Zum Beispiel per Telefon.

Der Psychologe Valentin Nowotny arbeitet als Personalberater. Er ist Gründer und Leiter des Beratungsunternehmens NowConcept in Berlin. Im Interview spricht er darüber, wie man mit wildfremden Menschen telefoniert und dabei noch einen guten Eindruck macht.

arbeitsmarkt: Sie haben sicher schon oft mit Bewerber/innen und Geschäftskund/innen telefoniert. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben?

Valentin Nowotny: Einiges. Bei Telefonaten ist es ja nicht so einfach zu verstehen, wer auf der anderen Seite der Leitung ist. Die Mimik und Gestik des anderen bleiben unsichtbar. Entweder habe ich mich vorher in den sozialen Medien über die Person informiert und nun eine Vorstellung davon, mit wem ich rede. Oder jemand ruft mich ohne Ankündigung an. Dann stellt sich die Frage, welche Duftmarke die Person setzt. Nach fünf Minuten habe ich einen Eindruck von der Stimme, der Art und Weise des Sprechens. Ich achte sehr auf die Ausdrucksfähigkeit: Kann die Person in drei Sätzen ein Thema umreißen? Kommt sie auf den Punkt? Sagt sie inhaltlich etwas, an das ich mich später erinnere? Oft ist es ein Stichwort, das ich später mit der Person verknüpfe: „Ich kann auch Koreanisch“ oder „Ich bin nebenbei Schlagzeugerin“. Wenn das mein Interesse weckt, bitte ich die Person, im Anschreiben darauf zu verweisen, dass sie auch Koreanisch spricht oder Schlagzeug spielt. Dann erinnere ich mich beim Durchsehen der Unterlagen gleich an das Gespräch.

Mit solchen Ankern kann man auch danebenliegen. Was ist, wenn Sie Schlagzeuger blöd finden? Soll man eher riskieren, aussortiert zu werden, als farblos zu bleiben?

Valentin-NowotnyDurchaus. Außerdem kann ich reagieren und sagen: „Schlagzeug – das mag ich gar nicht.“ Dann bleibt man auch im Gespräch, und das ist besser, als Floskeln auszutauschen. Tabuthemen wie Politik, sexuelle Orientierung, Religion und Krankheiten sollten Sie am Telefon und im Small Talk allerdings ausklammern. Es sei denn, das Thema passt zu der Stelle, die Sie suchen, weil Sie etwa in einem „Referat für Gleichgeschlechtliche Lebensweisen“ anfangen möchten.

Wer auf einer Tagung mit einem potenziellen Arbeitgeber ins Gespräch kommt, wird später am Telefon sicher nicht als Erstes über seine Hobbys sprechen. Was ist zu beachten, wenn man über seine Berufserfahrungen redet?

Es ist sinnvoll, sich zunächst auf drei Punkte zu beschränken: Ich bin in Haifa geboren, spreche Polnisch und habe mich als Historiker auf das 19. Jahrhundert spezialisiert. Haifa – Polnisch – 19. Jahrhundert, da entsteht in meinem Kopf eine Geschichte, die ich mit der Person verbinde. Ferner sollte der Bewerber klar machen, warum und wie er eine Lücke füllen kann: Er hat gelesen, dass das Institut eine Kooperation mit einer Einrichtung in Warschau beginnt, und da sind seine Kenntnisse sicher gefragt.

Für eine längere Präsentation der eigenen Person sollte man sich ausführlich Gedanken machen und auch Freunde fragen: Was kann ich wirklich gut? In welchen Situationen habe ich das unter Beweis gestellt? Mit einer präzisen Beschreibung hebt man sich ab von Floskeln wie „ich bin teamfähig und flexibel“, die ein geübter Personaler sofort hinterfragt.

Beim Telefonieren sieht man nicht die Mimik des Gesprächspartners, auch nicht, welche Laune er gerade hat. Wie kann man sicher sein, dass man nicht nervt?

Zunächst einmal sollte man nachfragen, ob die Person gerade Zeit hat. Ob jemand im Stress ist, merkt man ja auch an der Stimme, an der Art des Sprechens. Wenn jemand zu verstehen gibt, dass er gerade nicht bereit ist, würde ich ihm das Gespräch auch nicht aufdrängen. Wenn die Person signalisiert, dass sie jetzt Zeit hat, ist aktives Zuhören wichtig – noch wichtiger, als wenn man sich gegenüber sitzt: Ab und an mit „aah“ oder „mmh“ oder einem anderen Wort signalisieren, dass die Leitung noch steht und man dem anderen folgt. Regelmäßig das Gesagte zusammenfassen mit Sätzen wie: „Ich verstehe, Ihnen ist das Thema XY besonders wichtig.“

Manchmal geht es am Telefon schon um schwierigere Themen. Wie spricht man zum Besispiel zeitliche Verfügbarkeit oder Gehaltsfragen an?

Wenn der Bewerber das Telefonat mit etwas Small Talk begonnen und die Stimme des Personalers kennen gelernt hat, kann er darauf achten, ob sie sich bei den schwierigeren Themen verändert. Klingt die Stimme des Personalers gepresst, wenn es um Geld geht? Das kann darauf hinweisen, dass die fachlichen Qualifikationen zwar passen, aber die Summe für das Unternehmen zu hoch ist. Diese Situation kann der Bewerber durch eine offene Bemerkung abfedern, etwa: „Diese Summe hatte ich spontan im Kopf. In dieser Frage können wir aber gerne noch verhandeln.“

Viele Entscheider rücken gar nicht ihre Durchwahl heraus. Oft dringen Arbeitsuchende nur bis zur Assistentin durch. Sollen sie darauf bestehen, zum Chef durchgestellt zu werden?

Nein. Was hilft dem Bewerber ein erzwungenes Telefonat? Im Zweifel wird der Chef entscheiden: Mit dieser Person will ich nichts zu tun haben. Ich würde lieber kurz mit der Assistentin plaudern, vielleicht das eine oder andere über mich erzählen. Wenn man auf diese Weise Sympathie weckt, findet die Assistentin möglicherweise doch einen Termin für ein Telefonat mit dem Chef.

Wie oft sollte man telefonisch nachhaken, nachdem die Bewerbung abgeschickt ist?

Höchstens dreimal. Dann würde ich es lassen, es sei denn, das Gegenüber gibt ein konkretes Signal: „Wir haben jetzt wirklich keine Stelle frei. Aber melden Sie sich gern in einem halben Jahr noch einmal.“

Auszug aus dem arbeitsmarkt

Informationsdienste-arbeitsmarktDas Interview erschien in den Informationsdiensten arbeitsmarkt. Jede Woche stellen wir mehrere hundert aktuelle und qualifizierte Stellen für Akademiker zusammen, im Bereich Bildung, Kultur und Sozialwesen und im Bereich Umweltschutz, Naturwissenschaften

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