Abseits der festgelegten Karriere
Jana ist Social Media-Managerin, Bloggerin, Kommunikationsberaterin, Texterin, Online-Redakteurin, ... Ein ganz normaler Medienjob - in der heutigen Zeit. / Foto: Chapter One Mag

Abseits der festgelegten Karriere

Und, was machst Du so beruflich? Mit dieser Frage stand Jana Zieseniß schon immer auf Kriegsfuß. Das ging schon mit ihrem Studium los, das keinen festen Karriereweg vorgab. Ein Erfahrungsbericht.

Kürzlich unterhielt ich mich mit einer alten Freundin über unseren Berufseinstieg und wo wir jetzt letztendlich gelandet sind. Für mich ist es ein häufiges Gesprächsthema, bin ich doch selbst nach meinem Studium der Ernährungswissenschaften in den Bereich „Irgendwas mit Medien“ gerutscht.

Okay, das Thema Gesundheit im weitesten Sinne ist zumindest teilweise geblieben, aber ansonsten hat das, was ich heute tue, nur noch wenig mit dem zu tun, was ich im Studium gelernt habe oder was ich mir für meinen Berufseinstieg damals im ersten Semester so vorgestellt hatte.

Meine Gesprächspartnerin dagegen hat sich vor ein paar Jahren nach ihrem Biologie-Studium entschieden, noch ein zweites Studium anzuhängen: Tiermedizin. „Endlich habe ich einen klaren Weg vorgegeben“, meint sie. „Ich muss mir keine Gedanken darüber machen, was ich nach meinem Studium beruflich machen möchte, wie ich eine Stelle finde, die zu mir passt, und wie ich außerhalb des Studiums die benötigten Qualifikationen bekomme. Stattdessen bin ich nach meinem Studium perfekt für meinen Beruf als Tierärztin vorbereitet“. 

Sobald man erst einmal die Hürde des ersten Jobs geschafft hat, wird alles einfacher. Naja teilweise.

Doch so einfach wie sie haben es die wenigsten heute nach einem Studium. Studiengänge wie Medizin, Jura oder Lehramt, die direkt in eine vorgegebene Arbeitsstelle münden, gibt es immer weniger. Vor allem in den Geisteswissenschaften müssen Absolventen sich erst nach dem Studium die entsprechenden Qualifikationen aneignen, die sie für ihren Berufseinstieg benötigen. Aber auch für Naturwissenschaftler/innen gilt das immer öfter.

Sobald man erst einmal die Hürde des ersten Jobs geschafft hat und den auch noch gut findet, wird alles einfacher. Naja teilweise. Wäre da nicht diese Frage, die bei mir immer wieder Schweißausbrüche auslöst. Zum Beispiel, wenn man auf alte Bekannten trifft, die nach der Schule ihre Ausbildung absolviert haben, und nun als Bankkaufmann mit Familie und eigenem Haus glücklich in unserer gemeinsamen Heimatstadt leben. „Und was machst Du so?“, lautet meist die erste Frage. Aber was mache ich eigentlich genau?

„Hä, was?“

Zugegeben: Mit „Und, was machst du so“ stand ich eigentlich schon immer auf Kriegsfuß. Das fing schon im Studium an, als ich auf die Frage nach meinem Studiengang mit „Ökotrophologie“ antwortete. Darauf bekam ich genau zwei mögliche Antworten. Und zwar entweder „Hä, was?“ oder „Ah Ökotrophologie – dann studierst du Kochen und Putzen“. Na vielen herzlichen Dank. 

Da das Thema Ernährung gesundheitspolitisch zwar enorm relevant ist, aber niemand dafür Geld ausgeben möchte, landen viele meiner Kommilitonen – so auch ich – in eher artfremden Berufen. Und so begann ich nach meinem Studium ein PR-Traineeship in einer PR-Agentur für Gesundheitskommunikation. Das machte die Frage „Und was machst du so (beruflich)?“ leider auch nicht besser. Zwar hatte mein Beruf jetzt einen Namen, aber keiner wusste so wirklich, was sich dahinter verbirgt.

  • Jana Zieseniß ist Mitgründerin des Chapter One Mag - ein Blog und Online-Magazin über den Einstieg ins Berufsleben. Dort teilen sie und Mitgründerin Christina Wunder ihre beruflichen Erfahrungen und geben Tipps für alle, die in einer ähnlichen Situation stecken. 

Heute ist das ganze nun noch ein wenig komplizierter. Denn wer will auf die beliebte Smalltalk-Frage schon „Ich bin Social Media-Managerin, Reisebloggerin, schreibe über meine Selbstständigkeit auf Chapter One Mag, berate Unternehmen in Sachen Blogger Relations, bin Texterin und Onlineredakteurin, baue Webseiten und Blogs auf und schreibe ganz nebenbei noch an meinem ersten Buch“ hören? Eben. Niemand.

Okay vielleicht war das jetzt ein bisschen zu viel pauschalisieren. Denn es gibt sie tatsächlich, die Leute, die das tatsächlich interessiert. Die sich meine Erklärungen zum Thema Bloggen als Beruf und Social Media Management tatsächlich gerne anhören. Es gab auch damals Menschen, die die Wissenschaftlichkeit und Komplexität meines Studiums tatsächlich zu würdigen wussten. Nur kamen eben diese auch meist aus der gleichen Branche.

Und so werden sich auch in Zukunft bei mir wohl wieder die Nackenhaare aufstellen, wenn jemand ansetzt zu der Frage, die in unserer Gesellschaft anscheinend so wichtig zu sein scheint. Schublade auf, Jana rein. Schublade zu. Nur mit der Realität des heutigen Berufslebens hat das eben wenig zu tun.

  • Sie stecken in einer ähnlichen Situation? Wie verlaufen Ihre Gespräche zum Berufseinstieg und zum Job? Was antworten Sie  Kritikern und Zweiflern? Wie gehen Sie Ihren Weg? Wir freuen uns über Ihre E-Mail an redaktion (at) wila-arbeitsmarkt (punkt) de
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