Bewerbung: Zwei Zusagen gleichzeitig
Auf einmal gleich mehrere Zusagen: Auch so kann es in der Bewerbungsphase laufen. Foto: © lightpoet / Fotolia.de

Bewerbung: Zwei Zusagen gleichzeitig

Viele Bewerberinnen und Bewerber bekommen zahlreiche Absagen. Aber es kann auch anders laufen: Manchmal bekommt man gleichzeitig mehrere Einladungen oder gar Jobangebote. Wie sollte man damit umgehen?

Text: Andreas Pallenberg

Es ist schon verhext. Da schickt man monatelang zahlreiche Bewerbungen ab und erhält – wenn überhaupt – Absagen mit mehr oder weniger salbungsvollen, aber nichts sagenden Worten. Soweit die Situation, die sich bei den meisten Absolventen/innen mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund schon mal ein Jahr lang hinziehen kann.

Das Problem dabei: Man stochert im Nebel, weiß nicht, warum es nicht klappt und hat keine Ahnung, wie die Bewerbungen ankommen. Eine Hängepartie flankiert von Gelegenheitsjobs und dem Gefühl einer merkwürdigen Freiheit. 

Aber dann gibt es erste ernst zu nehmende Hoffnungen. Nach einem Jobinterview bleibt man in der engeren Auswahl und bekommt schließlich eine Zusage. Es handelt sich vielleicht um eine Stelle ohne jeden Bezug zum Studium. Na ja, aber sie wird ordentlich bezahlt. Nur hat sie aber auch gar nichts von einem Traumjob. Allemal besser als weiter im Schwebezustand.

Nach ein paar Monaten vergeblicher Suche sind solche Aussichten natürlich trotz aller Zugeständnisse ein Befreiungsschlag. Neue Perspektiven tun sich auf, man kann wieder vorsichtig planen. Der Arbeitsvertrag liegt vor und muss nur noch unterschrieben werden. Grund genug, Sektkorken knallen zu lassen.

Und dann kommt es, wie es kommen muss. Am nächsten Morgen liegt eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch im Briefkasten bzw. im Postfach. Für eine interessante Stelle. Bingo!

Jetzt hat man die Wahl. Oder ist es eher eine Qual?

Diese gar nicht so seltene Situation wirft manche ganz schön aus der Bahn. Man sieht sich zur Entscheidung genötigt und ist hin und her gerissen. Manche zermartern sich das Gehirn, ob sie – wie in dieser Situation - einen Arbeitsvertrag für eine Zweitwahlstelle unterschreiben oder vielleicht die bessere Chance wahrnehmen sollen, die aber leider nicht so sicher ist.

Die Situation ist aber keine Zwickmühle, sondern höchst komfortabel.

So wird es aber nicht immer gesehen: Natürlich wird der Vertrag unterschrieben. Und ebenso natürlich sagt man zu beim Vorstellungsgespräch. Und wenn man dann im neuen Vorstellungsgespräch erfolgreich ist, was wegen des Souveränitätsgewinns sogar wahrscheinlicher ist, kann man weitere taktische Überlegungen treffen.   

Keine Gnade mit den Arbeitgebern

Wer nun Skrupel entwickelt, weil er zusagt, im Hinterkopf aber denkt: „Mal sehen …“, der sollte sich die üblichen Kräfteverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt anschauen. Arbeitgeber machen, was sie wollen. Sie reagieren spät oder überhaupt nicht, schicken nichts oder Standardformulierungen zurück, zahlen keine Fahrtkosten und lassen sich gerne Hintertürchen offen. Nicht alle, aber viele. Deshalb kann man grundsätzlich alles und allem zusagen bis zur tatsächlichen Unterschrift unter einen Arbeitsvertrag.

Selbst wenn ein Arbeitsvertrag unterschrieben ist, kann man im Rahmen der Probezeit relativ einfach aussteigen. Also kann man auch weiteren Vorstellungsgesprächen grundsätzlich zusagen. Und wenn ein Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch fragt, ob man sich noch woanders beworben hat, kann man die Wahrheit sagen, muss man aber nicht.

Und wenn man einen Tag Urlaub braucht wegen eines Vorstellungsgespräches, obwohl man in der Probezeit nur ungern Urlaub bekommt, dann ist man eben krank oder erfindet eine Hochzeit im Familienkreis, die man nicht verpassen kann. Das ist genauso korrekt wie die Formulierungen in den gut gemeinten Absageschreiben. Letztendlich wird man auch dem einem oder anderen möglichen Arbeitgeber eine Absage erteilen müssen, und zwar ohne mit der Wimper zu zucken. Warum nicht mal die Situation umkehren?   

Wir haben da ein Problem…

Und es kann noch viel heftiger kommen. Ein unerwarteter Anruf vom Personalleiter eines anderen Arbeitgebers. Bei dem war man mit der Bewerbung auch schon richtig weit gekommen. Inhaltlich sehr interessant und eine Super-Adresse. Der Anrufer: „Sie hatten sich doch bei uns beworben und auch vorgestellt, wir hatten Ihnen aber eine Absage geschickt, weil wir einen anderen Kandidaten bevorzugt hatten. Nun ist der kurzfristig abgesprungen … Sie waren ja quasi gleich gut im Rennen, … Sie könnten ab nächsten Monat bei uns anfangen. Ist das noch von Interesse für Sie? …. Ich würde mich sehr freuen …“

Was soll das... denn nun? Außer ein paar „oh“ und „ja, das kommt jetzt etwas überraschend“ fällt einem dann sicher nicht viel ein. Trotzdem muss reagiert werden, und zwar subito und so gelassen wie möglich. 

Natürlich will man solch eine Entscheidung nicht übers Knie brechen, will sich beraten und besprechen mit Freunden, Partner/innen und der Familie. Der oben angesprochene Arbeitsvertrag liegt auf dem Tisch und will bis übermorgen unterschrieben sein. Für eine gewisse Bedenkzeit spricht sehr viel. Aber es ist auch Eile und Taktik geboten.

Die Situation: Der Anrufer hat ein Problem, und zwar ein richtig großes. Ihm ist ein sicherer Kandidat kurzfristig abgesprungen, entweder, weil er eine noch bessere Offerte bekommen hat oder weil ihm der Betrieb jetzt doch nicht behagt. Das passiert zum Beispiel in der Probezeit, die einen relativ unkomplizierten Ausstieg auf beiden Seiten ermöglicht. Sowas kommt vor. Blöd für den Betrieb. Um den ganzen Zirkus mit Bewerbungsgesprächen nicht noch einmal anzuzetteln, ruft der Personalmensch die nächsten besten Kandidat/innen der letzten Auswahlrunde an und fragt nach, ob sie einspringen wollen. Das läuft meistens telefonisch und  mündlich. Mehr nach Zufall und Erreichbarkeit als nach Priorität.

Der Angerufene hat es jetzt eigentlich gut. Er sollte sich die Wahl nicht nehmen lassen, z.B. aus Zeitdruck oder wegen Skrupeln. Er kann bedenkenlos zusagen, weil er genauso wie der Anrufer auch wieder absagen kann. Bis zur Unterschrift des nächsten Vertrages kann man alles zusagen und einen möglichst schnellen Unterzeichnungstermin anstreben. Die Verbindlichkeit ist in diesem Stadium nahe null. Bittet man um Bedenkzeit und vertröstet auf die nächsten Tage, kann es sein, dass der Anrufer diese Geduld nicht aufbringt. Er ruft die nächsten an, geht sozusagen seine Liste durch.

"Cool bleiben und die Vorteile clever nutzen"

In dieser Situation will der Personalmensch das Problem schnell vom Tisch haben. Er ist an schnellstmöglicher Antwort interessiert, damit er weiter handeln kann. Wenn er jetzt jedem 48 Stunden Bedenkzeit gibt, dann wäre das zwar fair, aber für ihn eine Hängepartie. Was wird er machen: Er ruft weiter an. Und wenn dann einer spontan und überzeugend zusagt und sich auch auf einen ultrakurzen Termin („...dann können wir morgen alles Notwendige besprechen…“) einlässt, der hat jetzt eine echte Chance. „Ja, ich bin interessiert, ich kann auch heute noch bei Ihnen vorbeikommen“, sollte die Antwort lauten, auch wenn man keineswegs entschieden ist. Jede Zauderlichkeit und jede erbetene Bedenkzeit reduziert die Chance auf eine echte Wahl. Jetzt können Sie zum Problemlöser werden, indem Sie herzhaft zusagen. Ob Sie es tatsächlich machen, steht auf einem anderen Blatt. 

Natürlich kann einem dabei  schon etwas schwindelig werden. Es entwickelt sich eine emotionale Achterbahnfahrt.

Was will ich? Was habe ich? Halte ich das Doppelspiel aus? Wie offen kann ich damit umgehen. Bei der einen Stelle liegt der Vertrag auf dem Tisch. Da bin ich am Zuge und auf der sicheren Seite. Bei der anderen Stelle habe ich eine telefonische Quasi-Zusage. Jetzt gilt es genau zu prüfen, welche rechtlichen Konsequenzen eine mögliche Kündigung unmittelbar nach Unterzeichnung hätte. Wie groß ist der zeitliche Spielraum beim Übergang von der einen zur anderen Stelle? Probezeit gilt gegenseitig. Begründungen braucht es nicht. Die Fristen sind kurz und können im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben werden.

Vorher gilt es zu beachten, wie sicher das neue verlockendere Angebot wirklich ist? Das muss man schnellstens belastbar prüfen und möglichst bis zur Vertragsreife bringen. Eine mündliche Zusage unter vier Augen ist rechtlich gesehen praktisch wertlos, unter Zeugen schon deutlich mehr wert. Eine schriftliche Bestätigung, eine Art Vorvertrag ist schon deutlich verbindlicher, wenn es sich nicht nur um eine „Absichtserklärung“ handelt. Richtig sicher ist man erst mit dem Arbeitsvertrag. Der übrigens auch zustande kommt, wenn man die Arbeitsstelle mit Zustimmung des Arbeitgebers antritt. Aber so weit ist man dann ja noch nicht.

Die meisten Arbeitsuchenden wären schon froh, wenn Sie endlich nur ein reales Angebot bekämen und verstehen in dieser Situation kaum, dass es auch die Qual der Wahl überhaupt geben kann. Das Problem hätten sie ja ganz gerne. Aber es gibt eben auch genügend Kündigungsschreiben, Leserbriefe und Anrufe im Rahmen unserer Bewerbungshotline, die sich genau auf solche Situationen beziehen. Plötzlich gibt es mehr als eine Chance.

Also cool bleiben und die Vorteile clever nutzen.

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