DaZ- und DaF-Lehrkräfte:
Fachkräfte für Deutsch als Zweitsprache übernehmen eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft. Trotzdem klagen viele über zu niedrige Stundenlöhne und schlechte Arbeitsbedingungen (Foto: kritchanut/Fotolia).

DaZ- und DaF-Lehrkräfte: "In den Schulen bleibt der Bedarf groß"

Noch boomt der Stellenmarkt im Bereich Deutsch als Zweitsprache. Doch wer langfristig gute Arbeitsbedingungen will, sollte sich rechtzeitig spezialisieren.

Interview: Stefanie Schweizer

Mehr Wertschätzung für Lehrkräfte in den Bereichen Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und Deutsch als Fremdsprache (DaF): Dafür setzt sich Dr. Matthias Jung ein (Foto: Sönke Peters). Er ist Vorsitzender des Fachverbands Deutsch als Zweit- und Fremdsprache. Der Verband beschäftigt sich mit allen Tätigkeitsbereichen: Schule, Hochschule, Erwachsenbildung, Integrationskurse, Firmen und Sprachschulen.

WILA Arbeitsmarkt: Welche Eigenschaften müssen erfolgreiche DaF/DaZ-Lehrkräfte mitbringen?
Matthias Jung: Das hängt davon ab, wie man „erfolgreich" definiert: als „gute Lehrkraft" oder als „finanziell abgesichert"? So oder so muss man angesichts der dominierenden Freiberuflichkeit seines eigenen Glückes Schmied sein, das heißt entweder professionell-unternehmerisch am Markt auftreten und sich lukrativere Lücken suchen oder entscheiden, dass man nur übergangsweise unterrichtet, um Erfahrung zu gewinnen und Spaß zu haben, etwa auch zur Finanzierung von Auslandsaufenthalten, und sich dann einen „richtigen" Job suchen. Zusatzqualifikationen, individuelle Profile sowie Initiative machen den Unterschied.

"DaF/DaZ-Tätigkeiten machen viel Spaß und bieten einen hohen Motivationsfaktor, wenn man Internationalität liebt."

Ist der Einstieg in die Branche noch empfehlenswert?
Das muss jeder selber entscheiden. Ein Einstieg lohnt gewiss nicht, wenn man nicht schon nahe dran am Berufsfeld ist. Und dann hängt es davon ab, was man in der Branche tun will und wie man das angeht. In aller Regel machen DaF/DaZ-Tätigkeiten aber viel Spaß und bieten einen hohen Motivationsfaktor, wenn man Internationalität liebt und auch mal ins Ausland möchte. Für viele ist es eine sinnvolle Zwischenphase nach dem Studium. Wer nicht für den Job brennt und sehr auf Sicherheit bedacht ist, sollte sich etwas anderes überlegen, aber das gilt für die meisten geisteswissenschaftlichen Studienfächer.

Lohnt sich der Quereinstieg?
Das hängt davon ab, aus welcher Branche man wechselt und in welcher Stellen- oder Einkommenssituation man sich gerade befindet. Wenn man bisher zum Beispiel noch nie unterrichtet oder kein passendes Fach studiert hat, würde ich davon abraten. Man sollte schon für diesen Job „brennen", bevor man sich zu einem Wechsel entschließt. Denn man muss für die geförderten Kurse auf jeden Fall Zusatzausbildungen von mindestens zwei Wochen Dauer machen und diese selbst bezahlen, vorausgesetzt, man erfüllt die anderen Voraussetzungen. In der Privatwirtschaft ist das zwar nicht genau festgelegt, aber auch da achtet man natürlich auf die Qualifikation. Wer die nicht hat, wird weit unter den staatlich vorgegebenen 35 Euro pro 45 Minuten in den Integrationskursen verdienen.

"Die Honorare pro Unterrichtseinheit schwanken zwischen 15 Euro für nicht qualifizierte Kräfte und 50 Euro für hoch spezialisierte Firmentrainer."

Viele DaF/DaZ-Lehrkräfte wechseln von öffentlichen Bildungsträgern an staatliche Schulen. Geht das so einfach?
Nein, das ist nicht einfach und wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Zu unterscheiden sind Zusatztätigkeiten wie reiner DaF-Unterricht für Geflüchtete an Schulen, mit denen nur ein aktueller Bedarf kurzfristig und befristet abgedeckt wird, von einem auf Dauer angelegten „Seiteneinstieg" in den Schuldienst. Dabei muss man sehr individuell analysieren, welche Qualifikationen man für den Schuldienst noch nachmachen muss, was als zweites Fach oder „Referendariat" anerkannt werden könnte und was das jeweilige Bundesland vorschreibt.

Mit welchem Stundenlohn können DaF/DaZ-Kräfte rechnen?
Es zirkulieren verschiedene Honorarsätze für Unterrichtseinheiten à 45 Minuten, kurz UE, die man für die Angabe „Stundenlohn" auf eine Zeitstunde umrechnen müsste, also plus 33,3 Prozent. Dieser Stundensatz schließt aber die Vorbereitung, Pausen und Anfahrt mit ein. Man wird also nicht 40 UE in der Woche unterrichten können. Um die 25 UE pro Woche ist ein Pensum, bei dem noch qualitativ guter Unterricht machbar erscheint. Wer Einzelstunden für wechselnde Auftraggeber erteilt, verliert schon dadurch viel Zeit und verdient weniger als jemand, der an einem Standort 5 oder 10 UE am Stück unterrichten kann – auch wenn er weniger pro UE bekommt. Die Honorare schwanken zwischen 15 Euro für nicht qualifizierte Kräfte und 50 Euro für hoch spezialisierte Firmentrainer. Das BAMF zahlt 35 Euro, aber auch Unis manchmal nur 20 bis 22 Euro. Der Branchendurchschnitt außerhalb staatlich regulierter Kurse liegt bei circa 22 Euro.

Was verhindert die einheitliche Bezahlung von DaF/DaZ-Kräften?
Die vielen unterschiedlichen Kursträger, die alle autonom sind; die Länderhoheit in Bildungsdingen, die das Schulsystem betreffen. Der Unterschied zwischen öffentlich und selbst finanzierten Kursen, mit denen auch die Kursträger oft keine ausreichenden Einnahmen erzielen; die allgemein schlechtere Bezahlung in der selbst finanzierten Bildungsbranche im Vergleich zum öffentlichen Schulwesen; der Arbeitsmarkt, der den Gesetzen von Angebot und Nachfrage folgt.

"Geht man langfristig von 100.000 bis 200.000 geflüchteten Zuwanderern pro Jahr aus, gibt es einen soliden Bedarf an Integrationskursen. Nur sollte man nicht mehr von einem Spitzenbedarf wie 2015/2016 ausgehen."

Wie gehen Lehrkräfte damit um, wenn der „Boom" der vergangenen Jahre abflacht?
Darüber sollte sich jeder ausreichend Gedanken machen. Die Abflachung hat im Integrationskursbereich schon begonnen. Es wird zuerst die am schlechtesten qualifizierten Lehrkräfte treffen, die bis Ende 2017 auch von einer Ausnahmeregelung vom BAMF profitierten. In den Schulen wird der Bedarf relativ konstant hoch bleiben, auch weil die Kinder dann noch viele Jahre Förderunterricht benötigen und der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund auch so schon beständig steigt. Der Bedarf wird sich aber von den „Vorbereitungsklassen" für Kinder, die noch gar kein Deutsch können und deshalb noch nicht in die Regelklassen integriert werden können, auf den zusätzlichen Förderunterricht für Kinder, die schon im Regelunterricht sind, aber noch spezielle Sprachförderung benötigen, verschieben. Auch das ist eine weitere Spezialisierung, die von den Lehrkräften dann gefordert ist.

Inwiefern lassen sich Prognosen über den DaF/DaZ-Arbeitsmarkt machen?
Das ist so unsicher wie alle Arbeitsmarktprognosen. Relativ gut vorhersehbar ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Regelschule und in der Ausbildung, der dauerhaft hoch bleiben wird. Auch die Deutschschulung von dringend benötigten Fachkräften ist ein absehbar sicheres Betätigungsfeld, ebenso wie die sprachliche Vorbereitung ausländischer Studienbewerber, was auch zu vermehrter Nachfrage nach Lehrkräften im Ausland führt. Geht man langfristig von 100.000 bis 200.000 geflüchteten Zuwanderern pro Jahr aus, gibt es ebenfalls einen soliden Bedarf an Integrationskursen. Nur sollte man nicht mehr von einem Spitzenbedarf wie 2015/2016 ausgehen, als eine Million Menschen kamen. Andere Zuwanderer, speziell aus der EU, kommen zu den geflüchteten Asylbewerbern dazu. Auch bei Jobperspektiven jenseits der reinen Unterrichtstätigkeit ist nicht mit einem Rückgang zu rechnen, denn die Internationalisierung geht weiter.

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Wo kommen DaF/DaZ-Kräfte unter, wenn das Angebot auf dem Arbeitsmarkt wieder sinkt?
Für gut qualifizierte DaF/DaZ-Lehrkräfte wird die Situation trotzdem besser bleiben als vor 2015/2016. Der Rückgang wird vor allem die schlecht qualifizierten und diejenigen treffen, die die Situation seit 2015/12016 nicht für eine dauerhafte Verbesserung ihrer beruflichen Perspektiven, zum Beispiel hinsichtlich einer Festanstellung, genutzt haben. Gut qualifizierte Kräfte können auch langfristig noch in den Schuldienst wechseln, wo sicher einige Jahre weiter Lehrermangel herrscht. Zu den Verlierern werden langfristig diejenigen zählen, die sich nicht weiterqualifizieren, denn der Bedarf differenziert sich weiter aus und spezialisiert sich, insbesondere im Hinblick auf die sprachliche Integration in den Beruf.

Welche Erwartungen haben Sie an die Regierung?
DaF/DaZ-Lehrkräfte dürfen nicht nur Lückenbüßer sein, die je nach staatlichem Bedarf definiert, angeworben und fallen gelassen werden. Es muss – neben den „saisonalen" Ergänzungskräften – langfristig einen Stamm von hoch qualifizierten und angemessen abgesicherten Lehrkräften geben, die eine Nachhaltigkeit an Expertise in diesem Bereich, dessen große gesellschaftliche Bedeutung offensichtlich ist, garantieren können. Dafür muss auch Geld in die Hand genommen werden. Die Erhöhung des Referenzhonorars in den BAMF-Kursen war ein wichtiger Schritt, löst aber noch längst nicht alle Probleme. Jetzt muss es vor allem um Qualifikation, Konsolidierung und Nachhaltigkeit gehen.

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