Mit „Volo“ in den Journalismus
Viele junge Menschen träumen davon, im Journalismus Fuß zu fassen und womöglich eine Festanstellung zu ergattern. Aber nicht jedes Redaktionsvolontariat hält, was es verspricht.

Mit „Volo“ in den Journalismus

Die freie Journalistin Bettina Blaß empfiehlt ein Volontariat denjenigen, die schon vorher journalistisch gearbeitet haben. Wer danach Erfolg haben will, müsse nicht nur gern schreiben, sondern auch neugierig und zuverlässig sein.

Text: Christine Sommer-Guist

Bettina Blaß (Foto: privat), Jahrgang 1971, arbeitet seit 2003 als freie Verbraucherjournalistin und schreibt für Print- und Onlinemedien. Sie ist Expertin für die Themen „Publizieren im Netz“ sowie „Social Media für Journalisten“ und führt unter anderem die Blogs www.wirtschaft-verstehen.de, www.opjueck.de und www.fitfuerjournalismus.de. Sie hat außerdem als Multimediaredakteurin für die ZDF-Sendung WISO gearbeitet und war stellvertretende Redaktionsleiterin bei Gruner+Jahr Wirtschaftspresse Online.

WILA Arbeitsmarkt: Sie sind selbständige Journalistin, Dozentin und Bloggerin. Wie kam es dazu?
Bettina Blaß: Ich wollte schon als Kind schreiben. Mit 17 ging ich dann in die Lokalredaktion der „Badischen Neuesten Nachrichten“, durfte Polizeimeldungen schreiben und wusste: Ich will Journalistin werden. Nach der Schule wollte ich „irgendwas mit Medien“ studieren, was damals nicht so einfach war.

So habe ich Neuere deutsche Literatur und Medien mit den Nebenfächern Psychologie und Europäische Ethnologie mit dem Schwerpunkt öffentliche Kulturarbeit und Medien studiert. Im Anschluss ging es in ein Aufbaustudium Journalismus nach Mainz und von da aus in die WISO-Redaktion.

Ich habe also kein Volontariat gemacht. Der damalige Aufbaustudiengang und heutige Masterstudiengang war und ist dank der vielen Praxisanteile mindestens genauso gut. In der Theorie wird außerdem sowohl Print als auch Online, Radio und Fernsehen vermittelt. So erhalten alle eine Vier-Säulen-Ausbildung – die ein Volontariat normalerweise nicht bietet.

"Der Fachkräftemangel hat nun auch den Journalismus erreicht."

Gelingt der Einstieg in den Beruf besser mit einem Redaktionsvolontariat oder ohne?
Um ein Volontariat zu bekommen, muss man oft vorher schon etwas mit Journalismus gemacht haben. Allerdings höre ich immer häufiger, dass der Fachkräftemangel auch im Journalismus durchschlägt.

So gibt es mittlerweile Journalistenschulen, die ihre Ausbildungsangebote an die Erwartungen der Auszubildenden anpassen, weil sie ansonsten keine guten Leute mehr bekommen. Das wundert mich, denn vor einigen Jahren hätte ich noch gesagt, dass es sehr schwierig ist, im Journalismus Fuß zu fassen. DasBlatt scheint sich gerade zu wenden.

 

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In welchen Bereichen sehen Sie mit einem Abschluss in Sozial- und Geisteswissenschaften die besten Chancen im Journalismus?
Das ist ein breites Feld. Ich habe selbst einen geisteswissenschaftlichen Hintergrund und bin Verbraucherjournalistin, wofür man eigentlich einen wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund vermutet. Der große Vorteil bei Geistes- und Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ist, dass sie geistig flexibel und in der Lage sind, sich Themen und Lösungen relativ einfach zu erarbeiten und strukturiert zu denken.

"Termintreue ist super wichtig."

Was sind die Geheimnisse des beruflichen Erfolgs im Journalismus?
Das ist eine gute Frage! Also: Es geht nicht nur ums Schreiben. Schreiben kann man lernen. Ich glaube, es sind andere Tugenden, um mal dieses alte Wort zu benutzen.

Eine sehr wichtige Tugend ist die Neugierde. Wenn ich nicht neugierig bin, auf Menschen und das, was um mich herum passiert, werde ich keine guten Themen finden und keine guten Geschichten liefern. Eine andere ist die Genauigkeit: die Präzision, Themen genauestens zu recherchieren, sich nicht abspeisen zu lassen mit dem, was man erzählt bekommt, sondern auch mal einen Blick dahinter zu werfen.

Ein ganz banales Beispiel: Ich habe in der letzten Woche jemanden zu den Sehenswürdigkeiten einer Stadt interviewt. Er hat mir einen Geheimtipp gegeben und mir diesen sehr genau beschrieben. Eigentlich wollte ich davon nur ein Foto machen, bin hingegangen und musste feststellen, dass es da vollkommen anders aussah als erwartet.

Es ist wichtig, Informationen zu hinterfragen und immer eine Nummer kritischer zu sein. Eine weitere wichtige Tugend: Termintreue. Wenn ich eine Deadline habe, muss ich diese einhalten. Redaktionen müssen sich auf Journalistinnen und Journalisten verlassen können.

"Keine Festanstellung bis zur Rente."

Können Sie den Beruf weiterempfehlen?
Es fällt mir noch etwas schwer zu glauben, dass sich der Markt so sehr verbessert. Allerdings höre ich das von vielen unterschiedlichen Seiten und das immer wieder. Wenn man darüber nachdenkt, ist es logisch. So hat sich rumgesprochen, dass man mit Journalismus nicht reich werden kann und die Bewerberzahlen an den Journalistenschulen sinken, ebenso wie die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber für Volontariate – was natürlich dafür spricht, dass der oder die Einzelne bessere Chancen hat, reinzukommen.

Ich kann den Beruf schon empfehlen, aber es sollte niemand darauf hoffen, damit bis zur Rente in einer Festanstellung zu sein. Wenn man weiß, dass früher oder später eine Selbstständigkeit ansteht und man sich darauf vorbereitet, kann das gut gehen. Wer das nicht möchte und wer bis zur Rente „gepampert“ werden und am liebsten eine 35-Stunden-Woche haben will, der muss sich überlegen, ob er im Journalismus wirklich am richtigen Platz ist.

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Mehr Informationen:

Der „Volo-Ratgeber“ des DJU und viele andere Informationsmaterialien für junge Journalistinnen und Journalisten und diejenigen, die es werden möchten, können unter dju-campus@verdi.de bestellt werden. Auf www.dju.verdi.de finden sich die bestehenden Tarifverträge und ein Musterausbildungsplan sowie Erkennungsmerkmale für seriöse Print-Volontariate.

Die Volo-Checkliste des DJV steht auf www.djv.de, wo ebenfalls viele weitere Informationen und Kontaktadressen zum Thema zu finden sind. Auf der Seite findet sich auch eine Liste mit Journalistenschulen.

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