Mein Tag als Bio-Inspekteurin
Alles Bio? Damit Verbraucherinnen und Verbraucher sicher sein können, dass das Gemüse mit Bio-Siegel auch den Richtlinien entspricht, überprüfen Bio-Inspekteur/innen Unternehmen und Betriebe.

Mein Tag als Bio-Inspekteurin

Immer mehr Unternehmen werben für ihre Produkte mit dem Attribut „Bio“. Christina Dürbaum überprüft, dass sie die relevanten EU-Rechtsvorschriften einhalten, sodass das EU-Bio-Logo zu Recht darauf steht.

Text: Martin Koch

Christina Dürbaum im Einsatz, Foto: privat

Christina Dürbaum hat an der Universität in Halle an der Saale Ernährungswissenschaften auf Diplom studiert. Nach zwei Jahren bei einem Ökoanbauverband wechselte sie 2014 zur Gesellschaft für Ressourcenschutz mbH – eine in Göttingen ansässige, deutschlandweit tätige Öko-Kontrollstelle.

8.00 Uhr: Christina Dürbaum startet von ihrer zentral in Berlin gelegenen Wohnung aus zum ersten Unternehmen, einem Hotel, das mit dem Bio-Siegel für sein kulinarisches Angebot wirbt. „Früher musste ich dafür diverse Aktenordner, Gesetzestexte und Verordnungen mitführen – heute reicht mein Laptop, was die Anreise natürlich enorm erleichtert“, erzählt die 34-Jährige, die aus Überzeugung Bus und Bahn nutzt.

8.45 Uhr: Dürbaum durchquert die Eingangshalle des Hotels. An der Rezeption zeigt sie ihren Inspekteurs-Ausweis und fragt nach dem Küchenchef, der ihr Ansprechpartner für das Bio-Verfahren ist. Während sie auf ihn wartet, schaut sie sich die Speisekarte an und welche Zutaten darin in Bio-Qualität angeboten werden. Wenig später kommt der Küchenchef und begrüßt sie freundlich. Er ist schon seit Jahren in der Branche tätig und lässt sich durch die üblicherweise unangekündigten Besuche nicht aus der Ruhe bringen.

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9.30 Uhr: Im Lager befragt Dürbaum den Mitarbeiter, der die Ware entgegennimmt: Kennt er die Bio-Kennzeichnungen? Stimmen die Mengen mit den Lieferscheinen überein? Ist alles original verpackt? „Manchmal fühlen sich die Mitarbeiter wie in einer mündlichen Prüfung und sind etwas nervös“, sagt sie und ergänzt: „Ich muss dann erkennen, ob das wirklich nur Nervosität ist – oder ob doch irgendwas nicht ganz korrekt läuft.“ In diesem Unternehmen antwortet der Mitarbeiter schnell und souverän, die Inspekteurin ist zufrieden. Dann steigt sie in den Hygieneanzug, den sie für die Inspektion der Küche tragen muss.

10.15 Uhr: Alles, was auf der Speisekarte mit dem Zusatz „in Bio-Qualität“ versehen ist, findet sich auch im Lager ausschließlich in Bio-Qualität wieder. Anschließend studiert Dürbaum gemeinsam mit dem Küchenchef die Lieferscheine und Rechnungen. „Ich prüfe, ob regelmäßig Bio-Ware eingekauft wird und ob die eingekauften Mengen plausibel dem entsprechen, was nach den Speisekarten verbraucht wird“, erklärt sie. Auch die Bio-Bescheinigungen der Lieferanten nimmt die Inspekteurin unter die Lupe. Hier ist alles in Ordnung, das Hotel erhält eine Kopie des Inspektionsberichtes.

11.30 Uhr: Neben Bio-Hotels und -Restaurants prüft Christina Dürbaum auch Unternehmen aus anderen Branchen und gemäß anderen Standards, zum Beispiel aus der Fischerei mit dem MSC-Label. Rund 180 Inspektionen führt sie pro Jahr durch. „Ich mag diese Vielfalt, das macht einfach Spaß“, sagt sie. Auf dem Weg zum nächsten Hotel liest sich Dürbaum noch einmal ihre Notizen zu dem Auftrag durch. In diesem Hotel werden nahezu alle Zutaten in biologischer Qualität eingesetzt. Vor Ort findet Dürbaum aber eine Hinweistafel für die Gäste, die darauf hinweist, dass derzeit konventionelle Kartoffeln angeboten werden.

12.00 Uhr: Der Hoteldirektor erklärt ihr, wie es zu dem Einsatz konventioneller Kartoffeln kam. Der Lieferant hat vorübergehende Lieferschwierigkeiten, das bestätigt auch der Blick in die Buchführung. „Das Hotel hat genau richtig gehandelt. Nach sofortiger Rücksprache mit dem Lieferanten wurden die Hotelgäste durch die ausgehängte Tafel informiert“, sagt die Inspekteurin und erstellt guten Gewissens den Inspektionsbericht. Der wird später noch nach dem Vier-Augen-Prinzip von einer Kollegin im Göttinger Büro gegengelesen, und das Hotel erhält anschließend ein Schreiben mit der getroffenen Zertifizierungsentscheidung.

14.00 Uhr: Im Homeoffice erledigt Dürbaum Büroarbeit. Dazu gehört, dass sie Akten von abgeschlossenen Prüfungen zurückschickt und ihrerseits einige Inspektionsberichte von Kollegen und Kolleginnen liest.

15.00 Uhr: Per elektronischer Akte bereitet sie sich auf eine zweitägige Inspektion vor, die sie ab morgen in einem großen Fruchtimport-Unternehmen in Hamburg zusammen mit einer Kollegin durchführen wird. Sie sieht sich die Unternehmensbeschreibung an, die Inspektionsergebnisse vom Vorjahr und die aktuelle Bio-Bescheinigung sowie den Internetauftritt des Unternehmens.

16:00 Uhr: Dürbaum packt noch die Reisetasche, dann startet sie in den Feierabend. Morgen früh um halb sechs ist sie wieder am Bahnhof – ein neuer spannender Tag wartet auf sie.

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