Mit allen Kräften für den Klimaschutz
Gegen den Klimawandel protestieren zurzeit viele Jugendliche mit Fridays for Future. Für das Klima setzen sich jedoch auch viele Fachkräfte ein.

Mit allen Kräften für den Klimaschutz

Herausforderung Klimawandel: Überall sind Fachkräfte gefragt, die sich den Klimaschutz zur Aufgabe machen – vom Klimaschutzmanagement bis zur nachhaltigen Filmproduktion.

Text: Sabrina Jaehn 

1,5 Grad Celsius – das ist das Ziel zur Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs, für das sich im Jahr 2015 195 Staaten im Zuge des Pariser Klimaabkommens verpflichtet haben. Viele halten dieses Ziel angesichts der bisherigen Pläne zum Klimaschutz mittlerweile für illusorisch, doch was würde es denn brauchen, um das Ruder noch herumzureißen? Mit dieser Frage hat sich ein Team aus Wissenschaftler/innen um die Soziologin Ilona Otto vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beschäftigt. Ihrer Untersuchung liegen Befragungen von Wissenschaflter/innen auf der ganzen Welt zugrunde.

Das Ziel: Die Bestimmung von sogenannten „sozialen Kippelementen“, mit deren Hilfe sich die für 2050 anvisierte Klimaneutralität noch erreichen ließe. Gemeint sind damit laut dem Science Media Center Interventionen, die das Potenzial haben, Prozesse in Gang zu setzen, die zu einer schnellen Verbreitung neuer Technologien, veränderten Verhaltensweisen oder neuen sozialen Normen führen.

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Zu den sechs erfolgversprechendsten Maßnahmen gehören nach Ansicht der Expert/innen: Die Umwidmung staatlicher Subventionen – weg von der Förderung konventioneller Energien hin zu den Erneuerbaren Energien; der Aufbau kohlenstoffneutraler Städte; der Ausstieg aus finanziellen Vermögenswerten, die mit fossilen Brennstoffen verbunden sind; Anreize für dezentralisierte Energie; verstärkte Aufklärung über den Klimawandel sowie die Bereitstellung von Informationen über die Emissionen fossiler Brennstoffe und Aufklärung über die moralischen Implikationen der Nutzung fossiler Brennstoffe.

Dieses Ergebnis macht deutlich: Es braucht ein entschiedenes Klimahandeln in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen.

Bildungsarbeit für das Klima

Neben Forscher/innen wie Ilona Otto und ihrem Team werden beispielsweise qualifizierte Pädagog/innen für den Bildungsbereich benötigt. Ob für Kinder oder Erwachsene – als Bildungsreferent/innen entwickeln sie zielgruppenspezifische Programme. So veranstaltet zum Beispiel die Deutsche KlimaStiftung BerufsKlima-Workcamps für Jugendliche und junge Erwachsene, in denen sie erfahren, wie sie beruflich beim Klimaschutz anpacken können.

Aber auch Multiplikator/innen werden mit Bildungsangeboten angesprochen. Derzeit bietet zum Beispiel das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie unter dem Titel „Klimabildung: Inhalte und Methoden“ eine Fortbildung für Lehrkräfte an. Sie soll ihnen fachliche Grundlagen zu Klimawandel, Klimabildung und Klimakommunikation vermitteln und ihnen schulformspezifische Materialien und Methoden für die Klimabildung an die Hand geben.

Wer solche Angebote konzipieren und umsetzen möchte, muss die jeweilige Zielgruppe gut kennen, braucht didaktisches Know-how und Organisationstalent. Zu den Aufgaben kann die Erstellung von Bildungsmaterialien gehören, aber auch die Öffentlichkeitsarbeit. Gefragt sind vor allem Fachkräfte aus der (Umwelt-)Pädagogik, aber auch Quereinsteiger/innen kann der Einstieg gelingen – sei es Lehrkräften, die in die außerschulische Bildung wechseln möchten oder Umweltfachkräfte aus Biologie, Geografie oder Fortwirtschaft, wenn sie im Bereich Pädagogik aufsatteln.

Sind Fachkräfte bereits entsprechend qualifiziert, können sie sich auch thematisch spezialisieren. Derzeit wird zum Beispiel eine Weiterbildung im Bereich Klimapädagogik in den Alpen entwickelt, die Handlungsoptionen und Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel aufzeigen soll. Informationen zu Perspektiven, Gehältern und Einsatzmöglichkeiten als Bildungsreferent/innen sind im WILA Arbeitsmarkt-Artikel „Im Auftrag der Bildung“ zusammengefasst.

Grüner Journalismus

Aber nicht nur Bildungsfachkräfte informieren über Klimawandel und Klimaschutz. Fakten liefern auch Journalist/innen. Durch eine entsprechende Auswahl rücken sie Umweltthemen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Außerdem ordnen sie Informationen ein und machen komplexe Zusammenhänge verständlich. Spezialisieren sich Journalist/innen in ihrer Berichterstattung sogar auf Themen wie Klimaschutz, Umweltpolitik oder die Energiewirtschaft, können sie sich ihre eigene Nische schaffen – und sich zu ausgewiesenen Expert/innen auf dem jeweiligen Gebiet entwickeln.

Helfen kann dabei ein entsprechendes Fachstudium wie Umweltwissenschaften. Während die Absolvent/innen solcher grünen Studiengänge sich vor allem das journalistische Handwerkszeug aneignen müssen, gilt es wiederum für Kommunikationsprofis, sich das fachliche Know-how zu erarbeiten. Wer über die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz berichten möchte, findet beispielsweise auf der Website „Grüner Journalismus“ interessante Ideen zur Vermittlung solcher Themen, aber auch nützliche Recherchequellen.

Klimaschutz in Kommunen

Auf kommunaler Ebene hat sich das Klimaschutzmanagement als eine wichtige Säule für den Klimaschutz etabliert. Dazu gehören Klima.Netzwerker/innen, aber natürlich auch die Klimaschutzmanager/innen selbst. Für diese Positionen braucht es wahre Allround-Talente. Denn sie müssen sich je nach Ausrichtung des umzusetzenden Konzeptes mit Fragen der Energieeinsparung, der Energieeffizienz oder auch der klimafreundlichen Mobilität und Erneuerbaren Energien auskennen. Wichtig sind aber vor allem auch kommunikative Fähigkeiten.

Denn zum einen stehen die Klimaschutzmanager/innen in der eigenen Verwaltung im Austausch mit verschiedenen Expertinnen und Experten. Zum anderen müssen sie aber auch mit Vertreter/innen aus Politik, Wirtschaft und den Medien kommunizieren – und die Bürger/innen bei geplanten Klimaschutzmaßnahmen ins Boot holen. Hinzu kann die Organisation von Veranstaltungen und die Erstellung von Infomaterial ebenso kommen wie die Beantragung von Fördergeldern.

Gesucht werden daher je nach Ausrichtung und Ansiedlung der Stelle Naturwissenschaftler oder Fachkräfte der Raum- und Landschaftsplanung, aber auch Politikwissenschaftlerinnen mit Schwerpunkt Klimaschutz können hier punkten. Gefördert werden entsprechende Positionen und Vorhaben vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI), wodurch die Stellen meist befristet sind. Tipps für den Einstieg ins Klimaschutzmanagement bietet eine BMU-Broschüre.

Wälder zukunftsfähig machen

Doch nicht nur Städte rüsten im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung auf. Auch einzelne Branchen suchen nach Lösungen, mit denen sie einerseits den Folgen des Klimawandels begegnen und andererseits zum Klimaschutz beitragen können. So setzt die Forstwirtschaft auf einen Waldumbau hin zu klimaangepassten Mischwäldern, die auch in Zukunft Kohlenstoff binden, für sauberes Wasser und Bodenschutz sorgen sowie zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum geben sollen.

 

Für eine klimaneutrale Zukunft zusammenarbeiten. Foto: © WavebreakMediaMicro/Adobe Stock

 

Wie notwendig solche Maßnahmen sind, zeigen Zahlen des Monitoringberichts 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS). Demnach führten ex­treme Dürre, Stürme und Borkenkäferbefälle allein im Jahr 2018 zu rund 32,4 Millionen Kubikmeter Schadholz. Weitere Flächen von ingesamt ungefähr 3.300 Fußballfeldern Wald fielen Bränden zum Opfer.

Welche Möglichkeiten die Digitalisierung bietet, um den Wald gegen die Folgen des Klimwandels zu schützen und welche Fähigkeiten Forstwissenschaftler/innen zukünftig benötigen, erklärt Diplom-Ing. Dr. Peter Mayer vom österreichischen Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) in einem Interview mit der WILA Arbeitsmarkt-Autorin Stefanie Schweizer.

Trendwende in der Filmwelt

Dass jedoch nicht nur einschlägige Umweltbranchen den Klimaschutz in den Fokus ihrer Bemühungen rücken, zeigt sich derzeit zum Beispiel in der Filmwelt. Statt Jetset-Leben und enormem Material- und Energieverbrauch geht der Trend allmählich hin zu umweltfreundlichen Produktionen. Vorreiter ist hier die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein. Bereits seit 2012 setzt sie sich mit dem Grünen Drehpass für ein ökologisches und nachhaltiges Umdenken in der Filmbranche ein. Das Umweltzertifikat erhalten Filmproduktionen auf Antrag, wenn sie erklären, wie sie in mindestens vier von sechs Handlungsfeldern den Energieverbrauch der aktuellen Produktion senken wollen.

Wer selbst dafür sorgen möchte, dass Filmschaffende die Bahn oder Fahrgemeinschaften nutzen, dass die Verpflegung am Set von lokalen Anbietern stammt oder Requisiten wiederverwendet werden, kann sich zum sogenannten „Green Consultant“ ausbilden lassen. Die grünen Berater/innen setzen sich für eine möglichst ressourcenschonende Produktionsweise ein – von der Planung und Vorbereitung bis zur Postproduktion. Erstmals führt aktuell die MFG-Filmförderung Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Hochschule der Medien (HdM) eine Weiterbildung zum zertifizierten Green Consultant durch.

Angesprochen sind vor allem Filmschaffende aus Regie, Bildgestaltung, Aufnahmeleitung und Sicherheitsbeauftragte. Die Weiterbildung besteht aus einer fünftägigen Präsenzphase an der HdM sowie einem mehrwöchigen Onlinemodul und wird mit einer Prüfung und Zertifizierung abgeschlossen. Während die erste Runde hier bereits gestartet ist, haben ab Sommer 2020 Filmschaffende an der IHK Akademie München und Oberbayern erstmals die Möglichkeit, zu Green Consultants Film und TV ausgebildet zu werden.

Nur ein Ausschnitt

Diese Auswahl zeigt nur einen Bruchteil an Möglichkeiten, wie man sich beruflich für den Klimaschutz einsetzen kann. Doch sie macht deutlich: Dem Klimawandel lässt sich nur wirksam begegnen, wenn unterschiedliche Fachkräfte ihre Kenntnisse und Fähigkeiten einbringen. Wer hier wie mit anpacken kann, zeigt das gemeinnützige Projekt Netzwerk Grüne Arbeitswelt vom Wissenschaftsladen Bonn.

Außerdem vernetzt es Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft, Bildung und Wirtschaft miteinander, die den Nachwuchs für grüne Jobs begeistern wollen. Für alle Fachräfte, die sich für den Schutz des Klimas engagieren möchten, kann es sich lohnen, die Augen auch über den eigenen Suchradius hinaus offen zu halten. 

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