Nachhaltigkeit managen
Nachhaltigkeitsmanagement umfasst neben der Beschaffung von Material und Geräten auch Mobilität, Bildung und Gesundheit. -Es umfasst neben der Beschaffung von Material und Geräten auch Mobilität, Bildung und Gesundheit.

Nachhaltigkeit managen

Zum Nachhaltigkeitsmanagement gehören mehr Maßnahmen als nur Strom einzusparen und Müll zu trennen. In der Regel sind es kommunikationsstarke, vernetzt denkende Generalist*innen, die in diesem Bereich arbeiten.

Text: Anja Schreiber

Wer für die Förderung der Nachhaltigkeit zuständig ist, kann dies unter ganz unterschiedliche Berufsbezeichnungen tun, zum Beispiel Nachhaltigkeitsmanager*in oder Nachhaltigkeitsbeauftragte. In Konzernen befassen sich ganze Abteilungen mit dem Thema. In kleineren und mittelständischen Betrieben oder auch in Organisatoren wie zum Beispiel die Evangelischen Landeskirchen sind die Beauftragten eher allein für das Thema zuständig.

Doch Einzelkämpfer*innen sind sie damit noch lange nicht. Denn in der Regel fungieren sie als Schnittstelle zu den verschiedensten Abteilungen wie etwa Einkauf oder Marketing. Zugleich stehen sie in Kontakt mit der Geschäftsführung. Nachhaltigkeitsmanager*innen werden in ganz unterschiedlichen Unternehmen und Organisationen gebraucht, zum Beispiel in Kommunen und Industrieunternehmen. Aber mögliche Arbeitgeber sind auch Verbände und Hochschulen.

Die 51-jährige Irmhild Brüggen ist Nachhaltigkeitsbeauftragte der Leuphana Universität Lüneburg. Sie hat Umweltwissenschaften studiert und war vor ihrer jetzigen Tätigkeit unter anderem in einer Beratungsorganisation tätig. „Meine Arbeit hat sich im Lauf der Zeit sehr verändert. Als ich 2002 an die Leuphana kam, war ich für das Umweltmanagementsystem EMAS zuständig. Heute haben sich meine Aufgaben weiterentwickelt.“

In ihrer Funktion ist Brüggen inzwischen die zentrale Koordinationsstelle zum Thema Nachhaltigkeit. Sie ist organisatorisch an das Präsidium angebunden, das sie mit ihrer Sachkenntnis unterstützt und berät. „Zum Leitbild der Leuphana gehört die Nachhaltigkeit“, berichtet Irmhild Brüggen. „Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass wir viele Studiengänge zum Thema anbieten und alle Erstsemester sich im Bachelor mit Themen der Nachhaltigkeit beschäftigten.“

2018 wurde die Leuphana erneut als Fairtrade University ausgezeichnet. 2014 hat sie das Ziel der Klimaneutralität erreicht. „Viele Seminare und Campus- sowie Forschungsprojekte befassen sich mit dem Thema. Außerdem ist die Stadt Lüneburg in unsere Projekte einbezogen. Es gibt also einen Transfer zwischen Uni und Stadt.“ Die Leuphana nehme auch ihren Bildungsauftrag sehr ernst. „Wir leben unsere Vorbildfunktion.“

Bei Hochschulen und Institutionen mit entsprechenden Beauftragten sieht Irmhild Brüggen einen klaren Trend zu wirklich nachhaltiger Entwicklung. „Heute versucht keine Institution mehr das sogenannte Greenwashing.“ Die Zeiten, in denen es lediglich um ein positives Image ging, ohne tatsächlich nachhaltiger zu werden, seien fast vorbei. Heute gehe es um Glaubwürdigkeit.

Zusammenbringen und beteiligen

 „Mein Beruf besteht zu einem großen Teil aus Kommunikationsarbeit. Unsere Aufgabe ist es, Leute zusammenzubringen und zu beteiligen“, erklärt Brüggen. Deshalb sei das vorher absolvierte Studium gar nicht so entscheidend. „Man muss nicht unbedingt Wirtschaftswissenschaften oder  Ingenieurwissenschaft studiert haben. Auch Geisteswissenschaftler*innen haben Chancen.“ Sie rät allerdings Interessierten, die aus den Geistes-, Sozial- oder Kulturwissenschaften kommen, idealerweise noch einen Master im Bereich Nachhaltigkeit zu absolvieren. Auch einschlägige Praktika oder Berufserfahrungen seien sinnvoll.

Einige Stellenausschreibungen für Nachhaltigkeitsmanager*innen setzen je nach Branche und Ausrichtung unterschiedliche Studienabschlüsse wie etwa Wirtschafts-, Natur- oder Ingenieurwissenschaften, aber auch Informatik, Architektur oder Finanzwirtschaft voraus. Teilweise wird auch eine Vorbildung zum Thema Nachhaltigkeit erwartet. Ideal ist natürlich ein spezieller Studienabschluss im Fach Nachhaltigkeitswissenschaft oder Nachhaltigkeitsmanagement.

Fast überall, wo es an der Leuphana um Nachhaltigkeit geht, ist Irmhild Brüggen mit von der Partie, mal als Leiterin von Arbeitsgruppen, mal als Teilnehmerin in Gremien, dann wieder als Workshopleiterin oder als Beraterin. „Etwa die Hälfte meiner Zeit verbringe ich mit Kommunikation, mit Meetings und Gremienarbeit. Die andere Hälfte sitze ich am Computer, analysiere Zahlen und Daten, schreibe Berichte oder bereite Vorträge und Präsentationen vor.“ 

Ein wichtiger Teil der Arbeit besteht darin, den Nachhaltigkeitsbericht zu konzipieren und zu verfassen. „Dieser Prozess dauert etwa eineinhalb Jahre. Dem eigentlichen Schreiben des Berichts gehen Gremiensitzungen voraus, in denen der Inhalt festgelegt wird“, berichtet die Beauftragte für Nachhaltigkeit. Den Bericht schreibt sie allerdings nicht allein, sie fungiert vielmehr als Redakteurin. Neben dem Nachhaltigkeitsbericht, der alle zwei bis drei Jahre erscheint, verfasst sie auch noch eine jährliche Umwelterklärung. 

Außerdem ist sie auch als Autorin von Berichten für die interne Kommunikation gefragt: „Die Leuphana verschickt regelmäßig Rundmails und Newsletter. Ich liefere immer wieder Texte zum Thema Nachhaltigkeit“, so Brüggen. Auch für Pressemitteilungen steuert sie Inhalte bei.

 Beraten und analysieren

Die mündliche Kommunikation ist ebenfalls ein zentrales Element in Irmhild Brüggens täglicher Arbeit, sie berät zum Beispiel studentische Ini­tiativen zum Thema. Immer wieder wird das Fachwissen der Nachhaltigkeitsbeauftragten gebraucht. „So werde ich etwa gefragt, ob es Sinn macht, neue Handtrockensysteme zu installieren.“ Die Antwort auf solche Fragen ist gar nicht so leicht. Zwar verbrauchen neue Geräte weniger Strom, aber durch das Entsorgen der Altgeräte entsteht viel Müll. Und der würde die Nachhaltigkeitsbilanz deutlich verschlechtern. Doch Irmhild Brüggen kann mit ihrer Expertise in solchen Fällen weiterhelfen. Sie berät auch das Universitätspräsidium und hält dort Präsentationen. 

„Damit leiste ich einen Beitrag zur Entscheidungsfindung, zum Beispiel, ob nachhaltige Büroartikel zentral eingekauft werden oder ob echter Ökostrom genutzt werden sollte.“ Sie entwickelt auch Entscheidungskriterien, die es den einzelnen Abteilungen leichter machen, Beschlüsse zu fassen, die wirklich nachhaltig sind. Dabei hat sie nicht nur mit Wissenschaftler*innen zu tun, sondern auch mit vielen Beschäftigten in der Verwaltung. „Wenn es um Baustoffe und Außenanlagen geht, bin ich auch mit Architekt*innen im Gespräch.“ Auch bei Personalratssitzungen stellt sie anstehende Projekte vor und stimmt diese ab.

Eine wichtige Aufgabe der Nachhaltigkeitsbeauftragten bleibt – bei aller Kommunikation – die Analyse von Zahlen, Daten und Fakten: „Dabei handelt es sich zum Beispiel um den Wasser- und Stromverbrauch, aber auch um Abfall, Beschaffung und Verkehr. Ich muss Ökobilanzen berechnen und lesen können.“ Auf ihre Analyse stützen sich dann oft die verschiedenen Entscheidungsträger*innen der Universität. „Für diese Aufgabe braucht man unbedingt analytisches Handwerkszeug.“ 

Auch Stellenausschreibungen für Positionen im Nachhaltigkeitsmanagement zeigen, wie wichtig der Gleichklang aus Expertise in Sachen Nachhaltigkeit und kommunikativen Fähigkeiten ist. Denn einerseits wird fachliches Know-how erwartet, etwa bei der Erarbeitung von Nachhaltigkeitsstrategien, der Weiterentwicklung des Umweltmanagementsystems, der Prozess- und Schnittstellenanalyse sowie der Optimierung von Prozessen; andererseits setzen die einstellenden Institutionen und Unternehmen Überzeugungs- und Kommunikationsstärke, sicheres Auftreten, Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen voraus.  

Lösungen finden

Häufig wird zudem Erfahrung in der Leitung von strategischen und bereichsübergreifenden Projekten sowie ein hohes Maß an Lösungsorientierung erwartet. Schließlich geht es bei vielen Stellen um konzeptionelle Arbeit und um die Beratung der unterschiedlichen Abteilungen. 

Auch die Zusammenarbeit mit der Abteilung „Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation“ ist vielen Arbeitgebern sehr wichtig. Doch nicht nur innerhalb der Organisation gehören Vernetzung und Kommunikation zum Alltagsgeschäft eines Nachhaltigkeitsmanagers oder einer Nachhaltigkeitsmanagerin, sondern auch außerhalb sind diese für die Tätigkeit elementar. Etwa im Gespräch mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Initiativen und Organisationen. 

So ist zum Beispiel die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Leuphana über die Universitätsgrenze hinaus vernetzt. „Wir arbeiten etwa im Projekt HOCH N mit. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, an den deutschen Hochschulen die Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit zu fördern. In diesem Rahmen arbeiten elf Verbundhochschulen an einem flächendeckenden Hochschulnetzwerk für Nachhaltigkeit, zu dem inzwischen deutschlandweit verteilt viele Partnerhochschulen gehören.“

Insgesamt wird die Zahl der Nachhaltigkeitsbeauftragten in vielen Bereichen steigen. Und auch wenn noch nicht alle Hochschulen solche Stellen geschaffen haben, ist sich Irmhild Brüggen sicher, dass ihre Zahl zunehmen wird. Das hat einen ganz praktischen Grund: „Immer mehr Drittmittelgeber thematisieren inzwischen die Nachhaltigkeit.“ Auch deshalb steigt auch im Wissenschaftsbereich zunehmend der Bedarf an Expert*innen in Sachen Nachhaltigkeit.

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