Auf geht’s in die Datenberge
Neues Wissen erlangen, Verbesserungsmöglichkeiten finden, Zusammenhänge entdecken – in vielen Bereich braucht es Fachkräfte, die nicht nur das Wissen, sondern auch Lust haben, sich dem Datenberg anzunehmen.

Auf geht’s in die Datenberge

In vielen Berufsbereichen werden Akademiker*innen gesucht, die wissen, wie sie Daten erfassen, analysieren und präsentieren. Hier sind nicht nur Fachkräfte aus der Informatik gefragt, sondern auch Generalist*innen.

Text: Annika Voßen

Daten stellen eine immer wichtiger werdende Ressource da, die es zu nutzen gilt. Das haben inzwischen nicht nur große Unternehmen, sondern auch Institutionen, Verwaltungen, Ämter, Hochschulen oder NGOs erkannt. Die fortschreitende Digitalisierung – noch einmal beschleunigt durch die Corona-Pandemie – befeuert diese Entwicklung und lässt zudem noch mehr Daten digital anfallen. Institutionen wollen die Möglichkeit nutzen, anhand von Daten Verbesserungen vorzunehmen.

Unternehmen sehen die Notwendigkeit, für die Zukunft tragfähige, digitale, datenbasierte Geschäftsmodelle zu finden. Ebenso versuchen sie, Trends frühzeitig anhand vorhandener Daten zu erkennen. Und auch die Zufriedenheit ihrer Kund*innen oder Mitglieder sicherzustellen, kann nur anhand einer Analyse der eingegangenen Rückmeldungen gelingen.

Anders als manche glauben mögen, ist das Datenmanagement und die Datenanalyse gar nicht so sehr Aufgabengebiet der Kolleginnen und  -Kollegen aus der IT-Abteilung, denn die sind eher damit beschäftigt, die nötige Daten-Infrastruktur zu schaffen.

Die neuen Querschnittspositionen hingegen werden mit Generalisten und Generalistinnen besetzt, die natürlich auch die nötigen IT-Kenntnisse und Datenkompetenz mitbringen. Hier bieten sich interessante Berufsperspektiven für Soziologinnen, Geografen, Politikwissenschaftler oder auch Forstwissenschaftlerinnen.

Wer schon über das nötige Fachwissen verfügt oder bereit ist, seine Scheu vor Daten und statistischen Auswertungen zu überwinden und aufzusatteln, entdeckt zukunftsorientierte Ausschreibungen in vielen Branchen. Denn in immer mehr Bereichen werden Leute gebraucht, die wissen, wie sie Daten richtig erheben, analysieren, managen oder auch sinnvoll visualisieren.

Zu finden sind solche Ausschreibungen im WILA Arbeitsmarkt in den unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen – von Kommunikation über Umwelt- und Naturschutz, Wissenschaft und Forschung bis zu Querschnittsstellen. Sie reichen von Positionen auf Sachbearbeiter-Ebene über Projektmanagement-Stellen bis hin zu Führungspositionen.

Die Bezahlung ist entsprechend unterschiedlich. Sachbearbeiter*innen, die Datengrundlagen überprüfen und Informationen in einer Datenbank zusammenführen sollen, werden in Entgeltgruppe TV-L-9 eingestuft – hier kann man aber auch schon mit einem Bachelorabschluss einsteigen. Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen werden durchaus auch nach TV-L-13 bezahlt. 

Was man in jedem Fall auch noch mitbringen sollte: Eine gewisse Allgemeinbildung, ein Verständnis für Größenordnungen, Wahrscheinlichkeiten und Zusammenhänge. Wer Statistiken vorliegen hat, sollte einschätzen können, ob sie überhaupt stimmig sind – oder ob hier ein Fehler bei der Erhebung oder Auswertung passiert ist. Vielleicht hat man auch die falschen Methoden gewählt oder nicht alle entscheidenden Faktoren mitbedacht.  

Forschungsdatenmanagement 

Egal ob Klimaforschung, Einsatz von Metaphern in der Literatur, die Entwicklung von Algen in der Nordsee oder politische Überzeugungen von jungen Erwachsenen in Europa – Daten zu analysieren und auszuwerten, ist selbstverständlich eine der Grundtätigkeiten in der Forschung.

Neu ist hier der Umgang mit riesigen Datenmengen, die digital verfügbar sind und die sich manuell nicht mehr verwalten lassen. Stattdessen kommen statische Auswertungsprogramme wie „R“ zum Einsatz. Diese können nicht nur in der Naturwissenschaft, sondern auch in anderen Fächern wie der Archäologie oder der Literatur- und Sprachwissenschaft bei der Analyse helfen.

Hochschulen, aber auch Forschungseinrichtungen oder Verwaltungen brauchen Wissenschaftler*innen mit Datenkompetenz und Softwarewissen. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zum Beispiel suchte jüngst nach einem oder einer wissenschaftlichen Mitarbeiter*in für die Abteilung „Biodiversität, Naturschutz und Jagd“. Erwartet wurde ein abgeschlossenes Masterstudium in Forstwissenschaften, Biologie oder einer verwandten Disziplin. 

Zentrale Tätigkeiten auf dieser Position: Leitung, Organisation und Durchführung von Totholzinventuren und Arterfassungen, Probenahme für genetische Analysen mittels Next-Generation-Sequencing und statistische Verschneidung und Auswertung der im gesamten Projekt gewonnenen Daten.

Bewerber*innen sollten sich auskennen mit „Datenmanagement und  -analyse, statistische (multivariate) Verfahren, inkl. Beherrschung der einschlägigen Software (insb. „R“)“. Gut, wenn sich Naturwissenschaftler*innen damit schon im Studium beschäftigt haben. Aber die hierfür nötigen Kenntnisse kann man auch recht schnell erwerben.

In anderen Forschungsbereichen dagegen fängt man erst damit an, die bestehenden Datenbestände strukturiert zu sichern und zugänglich zu machen – auch im Hinblick auf Open Data. Das Datenmanagement steht erst am Anfang, viele Wissenschaftler*innen brauchen hier noch Unterstützung. Somit ergeben sich auch in der Entwicklung von speziellen Weiterbildungsangeboten Berufsmöglichkeiten. Einer der Akteure in diesem Bereich ist das Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften (GESIS). 

Hier war in der Abteilung Data Archive for the Social Sciences eine wissenschaftliche Mitarbeiter*innen-Stelle im Bereich Forschungsdatenmanagement ausgeschrieben, adressiert an Akademiker*innen, idealerweise mit einer Promotion in einer sozialwissenschaftlichen Disziplin.

Aufgabe sollte die Konzeption und Entwicklung eines Zertifikatskurses für Datenmanager*innen sein. Aber auch die Hochschulen selbst haben Interesse, daran, ihr Weiterbildungsangebot auszubauen und solche forschungsnahen Services anzubieten. Hier bieten sich vielleicht Chancen für Bildungsfachkräfte.

Berufsfeld Data Science

Ein neues Berufsbild, das sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat, ist der oder die Data Scientist oder Datenwissenschaftler*in. Eine feste Berufsdefinition gibt es nicht, der Zugang ist ebenfalls nicht genau festgelegt. In der Regel ist aber ein Hochschulabschluss Voraussetzung und ein Verständnis für Mathematik und Informatik. Data Scientists werden derzeit überall gesucht, Quereinsteiger*innen sind daher willkommen. 

Hier können durchaus auch Akademiker*innen einsteigen, die Statistik-Kenntnisse etwa über ein Soziologie-, Psychologie oder Biologiestudium erworben haben. Wer im Bereich Data Science arbeitet, sucht zum Beispiel in den Datenbergen, die aus unterschiedlichen Quellen anfallen, nach Lösungen für bestimmte Probleme oder nach Optimierungen für Prozesse.

Das kann Zugverbindungen, Kleidergrößen oder Energieeinsparungen betreffen. Wissenschaftlich denken, Hypothesen aufstellen und verwerfen und die eigene Arbeit kritisch hinterfragen, das ist hier überall entscheidend.

Bei anderen Positionen muss man nicht ganz so tief in die Datenbestände eintauchen; vielmehr gilt es, als Referent*in oder Projektverantwortliche*r den Überblick zu behalten und Mitarbeitende aus dem Bereich Data Science zu steuern. Ein solches Beispiel für eine Projektmanagement-Stelle, die sich an Politik- und Sozialwissenschaftler*innen richtete, hatte vor kurzem die Bertelsmann Stiftung ausgeschrieben. Bei dem Projekt wird das Weiterbildungssystem in Deutschland in den Blick genommen. 

Hierfür würden Studien mit klassischen Datensätzen und innovativen Erhebungs- und Auswertungsmethoden, wie die Analyse von rund 200 Millionen Online-Stellenanzeigen, durchgeführt. Aufgaben des neuen Projektmanagers oder der neuen Projektmanagerin sollten sein, die Dienstleister und Prozesse im Bereich Datenanalyse zu steuern.

Wünschenswert: Erfahrungen im Einsatz von innovativen Erhebungs- und Auswertungsmethoden – Computational Social Science, Machine Learning, Forecasting. Außerdem wären Programmierkenntnisse zum Beispiel „R“ oder Python von Vorteil.

Datenjournalismus

Auch im Kommunikationsbereich nutzt man inzwischen technische Lösungen, um die Daten zu analysieren, die täglich anfallen. „Monitoring, Analyse und Auswertung von Performance Daten“ gehören zu den typischen Aufgaben von Social Media Manager*innen.

Ebenfalls relevanter wird der Datenjournalismus, eine noch recht junge Disziplin (siehe Interview www.tinyurl.com/Wila-Datenjournalismus). Große Medienhäuser beschäftigen inzwischen eigene Datenjournalist*innen, die Geschichten in Daten aufspüren und diese mithilfe von Grafiken ansprechend illustrieren. 

Eigene Softwarelösungen helfen auch bei der Investigativrecherche. Damit durchforsten etwa die Mitarbeiter*innen der Süddeutschen Zeitung große Datenbestände nach Anhaltspunkten, die ihnen bei der Suche nach der Wahrheit weiterhelfen. Denn im besten Falle bringen – hier oder auch in anderen Branchen – die vielen gewonnenen Daten Nutzen für die Gesellschaft. Dafür braucht es die richtigen Leute.

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