Via Satelliten die Welt im Blick
Nur wer den Status quo einzelner Lebensräume kennt und weiß, wie sie sich verändern, kann sie auch schützen. Wichtige Daten liefert die Fernerkundung.

Via Satelliten die Welt im Blick

Mit den Methoden der Fernerkundung können globale Daten gesammelt werden, um relevante Parameter abzuleiten. Wer hier mit Methoden- und Technikwissen aufwarten kann, arbeitet am Puls der Zeit.

Text: Elisabeth Werder

Fernerkundung wird seit den 1970er Jahren als Werkzeug verwendet, um Umweltveränderungen zu messen, zu verstehen und vorherzusagen. Mittels beispielsweise satellitengestützter Radartechnologie können verschiedene geowissenschaftliche Fragestellungen untersucht werden. Via Fernerkundung werden andere Planeten, aber auch die Erdoberfläche genau unter die Lupe genommen: So können Landnutzungsveränderungen, Auswirkungen des Klimawandels oder Bodenbewegungen erkannt und dokumentiert werden.

Dadurch eröffnen sich auch vielfältige Möglichkeiten für den Umwelt- und Naturschutz. Dazu gehören zum Beispiel die Verfolgung von Entwaldung und illegalem Bergbau, die Überwachung von Küstenänderungen, die Kartierung von Lebensräumen von Wildtieren und die Beobachtung globaler Temperaturveränderungen. Ein konkretes Anwendungsgebiet der Fernerkundung ist die Entwicklung globaler Klimamodelle: Durch die Identifikation von Gebieten, die als Refugium für steigende Temperaturen dienen können, wird der Klimawandel abbildbar. Besonders verheerend ist der Temperaturanstieg beispielsweise für Korallenriffe.

Ein Auge haben darauf haben unter anderem Fernerkundungsexpert*innen der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). Sie führen täglich Messungen der Meeresoberflächentemperatur mittels Satellitenbeobachtungen durch, um den thermischen Stress an Korallenriffen zu dokumentieren. Aus diesen Daten leitet die NOAA Empfehlungen ab und informiert über die Risiken des Bleichens. Dazu gehören zum Beispiel Meeresoberflächen-Anomalien, Hot Spots der Korallenbleiche, Bleichwarnbereiche und Graderwärmungswochen. 

Kompetenzen und Arbeitgeber 

In der Fernerkundung arbeiten üblicherweise Geografinnen und Geografen und Umweltwissenschaftler*innen. In erster Linie geht es dabei um die Datenaufnahme, Verarbeitung und Interpretation – zum Beispiel in den Bereichen Klimaschutz und Klimafolgen, Waldstruktur und Walddynamik, Ozeanographie, Landnutzung in der Agrarlandschaft oder Entwaldung und Restauration. Die Datenerhebungen dienen als Grundlage für Planungsvorhaben und Entscheidungen, weshalb sie entsprechend aufbereitet und gegebenenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Enge Absprachen mit den Kund*innen vor, während und nach der Datenerhebung und Analyse gehören ebenfalls dazu. 

Damit das gelingt, ist eine gewisse Kontaktfreudigkeit und Kommunikationsstärke von Nöten – je nach Projekt mal mehr, mal weniger. Methodisches Fachwissen, zum Beispiel über Geoinformationssysteme oder das Programmieren, sind ebenfalls unabdingbar. Fachliche Kompetenzen, die zum jeweiligen Projekt passen, runden das ideale Profil ab. Hauptarbeitgeber in diesem Berufsfeld sind verschiedene Behörden von Bund, Ländern oder in Europa mit öffentlichen Aufgaben in den jeweiligen Anwendungsbereichen. Für die praktische Umsetzung sind oft Umwelt- und Ingenieurbüros zuständig, weitere Jobchancen bestehen an Universitäten und bei Forschungseinrichtungen.

Drohnen im Einsatz

Dr. Kathrin Umstädter ist promovierte Geografin und heute als „Produktspezialistin ­Fernerkundung“ tätig. Die Firma geo-konzept GmbH, für die sie arbeitet, kommt ursprünglich aus dem landwirtschaftlichen Bereich: Genauer gesagt aus dem Precision Farming. „Im Precision Farming bewirkt man durch die Datenauswertung von Boden, Klima, Wasserverfügbarkeit, Nährstoffen und anderen Faktoren die optimale Bewirtschaftung für unterschiedliche Felder und Kulturen. Mit der Zeit hat sich das Arbeitsfeld erweitert, so ist auch der Teilbereich Fernerkundung dazu gekommen“, erklärt sie.

Dabei geht es ihr zufolge nicht nur um landwirtschaftliche Aspekte, sondern um optimale Lösungen für unterschiedliche Anwendungen: „Das kann der Jäger sein, der vor der Mahd die Wiesen nach Jungtieren wie Rehkitzen, Junghasen oder Bodenbrütern absuchen möchte und dazu auf eine Drohne mit Wärmebildkamera zurückgreift. Das kann aber auch das Vermessungsbüro sein, das nach Abschluss eines Straßenbauabschnitts für Abrechnungszwecke ein 3D-Modell oder Luftbild generiert.“

An einem typischen Berufsalltag berät Kathrin Umstädter zum Beispiel Interessent*innen, die für ihre Fragestellung Drohnen einsetzen möchten. Das Consulting, also das gemeinsame Erarbeiten von Lösungswegen für unterschiedliche Problemstellungen, gehört zum Kerngeschäft. Ebenso der Verkauf von Hard- und Software für die Auswertung von Daten und das Schulen des richtigen Umgangs damit. Selbstverständlich gehört es dazu, auch mal selbst eine Drohnen-Befliegung durchzuführen und die Daten anschließend auszuwerten, zum Beispiel für 3D-Modelle von Steinbrüchen zur Bestandserfassung und zur Inventur von Haufwerken.

Neue Möglichkeiten entdecken

Der Berufsalltag von Dr. Björn Baschek, Ansprechpartner für Fernerkundung an der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), sieht ganz anders aus: Er evaluiert das Potential neuer Methoden der Fernerkundung, führt also einen Abgleich zwischen den Anforderungen von Nutzer*innen und den technischen Möglichkeiten durch. Er berät innerhalb der BfG, gegenüber der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, dem Havariekommando, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur oder auch Ländereinrichtungen. Außerdem ist er im deutschen Fachnetzwerk zu Copernicus, einem europäischen Erdbeobachtungsprogramm, als Fachexperte für das Thema Binnengewässer und Bundeswasserstraßen aktiv. 

Björn Baschek hat sein Physik-Studium interdisziplinär ausgerichtet und ein Umweltzertifikat abgelegt, seine Diplomarbeit mit Geräteentwicklung in der biomedizinischen Optik abgeschlossen und für seine Doktorarbeit an der ETH Zürich untersucht, wie die Fernerkundungsmethode Radar zur Untersuchung von Prozessen bei der Schneeentstehung angewandt werden kann. „Nach einer kurzen Postdoc-Zeit bin ich an die BfG gekommen – ursprünglich für die Sensorik der deutschen Ölüberwachungsflugzeuge. Nun bin ich seit über 15 Jahren hier und in der Zwischenzeit haben sich meine Aufgaben immer mehr ausgeweitet und es sind neue Themenbereiche dazu gekommen“, erklärt er.

Der typische Werdegang für eine solche Position sei das nicht, betont Björn Baschek, aber zu seiner Studienzeit war der Bereich Fernerkundung noch nicht so relevant für die Berufspraxis. Wer heute in sein Projektteam kommt, hat in der Regel Umwelt- oder Geowissenschaften studiert. „In diesen Studiengängen war Fernerkundung schon immer ein Thema, aber in den letzten Jahren ist vor allem die Methodenkompetenz deutlich stärker geworden.“ Bedarf bestehe aber auch an Fachkräften aus dem Bereich Geoinformatik.

Forschen, beraten, vernetzen

In Björn Bascheks Berufsalltag geht es, neben wissenschaftlichen Tätigkeiten, viel ums Beraten und Vernetzen. Dazu gehören zum Beispiel das Konzipieren von Projekten und das Beantragen von Projektgeldern, die Auswahl und das Begleiten von Personal, das Koordinieren der eigenen Teams und die fachliche Einschätzung über die Vergabe von Projekten an Externe. Im Team sind die Aufgaben meist konkreter auf einzelne Anwendungsbereiche bezogen und beinhalten zum Beispiel Machbarkeitsstudien und Datenauswertungen.

Ein Themenfeld von Björn Bascheks Team ist zum Beispiel die Erkennung von Ölverschmutzungen auf dem Meer durch Flugzeuge, Satelliten oder unbemannte Flugsysteme. Ein anderes Beispiel für ein aktuelles Projekt ist die Forschung an der Erkennung von auf dem Rhein schwimmender Makroplastik mit hyperspektralen Kamerasystemen, welche an Brücken angebracht werden. Im Bereich Künstlicher Intelligenz wird untersucht, wie KI hierbei zur Bildauswertung genutzt werden kann. Ein anderer Anwendungsbereich ist die Untersuchung der Wasserqualität mit Fernerkundung, also zum Beispiel zur Bestimmung von Gewässertrübung und der Detektion von Blaualgen. 

Software und Technik

Fragt man Björn Baschek nach einem oder einer idealen Bewerber*in, legt er neben der persönlichen Eignung vor allem Wert auf das fernerkundliche Handwerkszeug und Erfahrung im Umgang mit den jeweiligen Daten und Anwendungen: „Bei den verschiedenen optischen oder thermalen Sensoren der unterschiedlichen Plattformen gibt es einen ganzen ‚Zoo‘ von verschiedenen Algorithmen, Auswertemethoden und Spezialsoftware. Deshalb ist ein grundsätzliches Verständnis der Grundlagen von Datenerhebung und -auswertung und das Erschließen neuer Methoden wesentlich. Neben der Anwendung von GIS- und Fernerkundungssoftware ist aufgrund der großen Datenmengen und der Notwendigkeit zur Automatisierung auch die Programmierung von Skripten zur Datenauswertung wichtig“, sagt er. 

Weitere Anforderungen seien die Bereitschaft, Referenzdaten im Gelände zu erheben, und technisches Geschick im Umgang mit neuen Geräten: Eine immer größere Rolle im Bereich Fernerkundung spiele der Umgang mit unbemannten Systemen und die Fähigkeit zum Fliegen von Drohnen, da diese Plattform viele neue Anwendungsszenarien ermöglicht. Dazu komme, je nach Anwendungsbereich, eine Vertrautheit mit den Anforderungen aus interdisziplinären Anwendungen und die Fähigkeit zur Umsetzung. 

Von den zahlreichen Qualifikationen, die in der Fernerkundung eine Rolle spielen können, sollen Bewerber*innen sich aber laut des Quereinsteigers nicht abschrecken lassen: „Ausschreibungen sehe ich oft als ‚Wunschzettel‘: Wer nicht alle einzelnen Anforderungen einer Ausschreibung erfüllt, aber die Kernpunkte trifft, sollte sich nicht abgeschreckt fühlen und trotzdem gerne bewerben. Selten deckt eine Kandidat*in alle Anforderungen ab.“

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