„Mach mit!“
Manchmal reicht schon ein kleiner Schups, um neue Motivation sowie Antriebskraft zu bekommen. Fachkräfte und Expert*innen können mit den richtigen Worten und Hinweisen viel erreichen.

„Mach mit!“

Jeder Mensch bringt Motivation mit. Davon ist Martin Heinritz überzeugt. Um diese bei Personen, die mit Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung zu kämpfen haben, zu erhalten braucht es persönlichen Einsatz von Fachkräften.

Text: Sabrina Jaehn

Martin Heinritz arbeitet freiberuflich mit verschiedenen Zielgruppen und studiert nebenbei Soziale Arbeit. Foto: privat

„Freut mich, Sie kennenzulernen, aber hoffentlich sehen wir uns bald nie wieder.“ Mit diesen Worten begrüßt Martin Heinritz regelmäßig neue Teilnehmende einer Maßnahme zur beruflichen Förderung und Eingliederung in Dortmund. Die jungen Frauen und Männer, die er hier betreut, sind auf Anordnung des Jobcenters bei ihm. „Meine Kolleg*innen und ich möchten den Menschen eine Chance geben, sich neu zu orientieren – wenn sie das denn wollen.“

Dazu brauche es mal mehr, mal weniger Überzeugungsarbeit, aber das gängige Klischee von Menschen, die die Maßnahmen nur aussitzen, treffe der 37-Jährige kaum an: „Ich habe es absolut selten, dass da jemand vor mir sitzt, der wirklich ablehnend der ganzen Sache gegenübersteht. Und fast alle haben das Ziel, aus ihrer derzeitigen Situation herauszukommen.“

Nicht allein lassen

Manchmal reiche dafür schon ein kleiner „Stupser“, sagt Martin Heinritz und berichtet von einer Teilnehmenden, die eigentlich bereits alles mitbrachte – gutes Abitur, Praktika absolviert, Ausbildung angefangen, Studienplatz in der Tasche – sich aber aus Angst und Überforderung für keinen beruflichen Weg entscheiden konnte und so die Lust verlor, überhaupt etwas anzupacken. „Da hat die Angst die Motivation, also den Schwung, genommen, und es war eine Herausforderung, sie dahin zu bringen, dass sie einfach mal etwas ausprobiert.“

Der Knoten löste sich schließlich über ein Gespräch zwischendurch, in dem Martin Heinritz ihr Fragen stellte, Vergleiche zu anderen – inklusive sich selbst – zog und ihr schlichtweg den Raum gab, über ihren bisherigen Weg gemeinsam mit ihm zu reflektieren: „Überhaupt mal zu fragen, die Möglichkeit zu geben, die eigenen Gedanken selbst zu entwirren und jemanden zu haben, der gegebenenfalls ein paar Fäden festhalten kann. Das kann sehr motivierend wirken.“

Vielen Klient*innen fehle dieses Interesse an ihnen und die Wertschätzung von außen – sowohl aus der Familie als auch aus dem professionellen Bereich. Menschen, die bereits in der dritten Maßnahme sitzen oder direkt nach der abgebrochenen Schulausbildung zu ihm kommen, werde oft von allen möglichen Seiten – bewusst oder unbewusst – klar gemacht: „Ihr schafft das sowieso nicht.“

Das ist nach Meinung des Experten fatal und nagt an der Motivation, die grundsätzlich eigentlich jede*r mitbringt. A und O ist für Martin Heinritz, jede*n Klient*in ernst zu nehmen. Dazu gehöre beispielsweise auch etwas so Einfaches, wie sich zu entschuldigen, wenn man einen Fehler gemacht hat. Doch wenn er als Betreuer das macht, sind die Teilnehmenden oft verblüfft. „Das zeigt mir, was sie bisher erlebt oder eben auch nicht erlebt haben“, sagt Heinritz.

Umso mehr freut er sich, wenn die Teilnehmenden innerhalb der Maßnahme positive Erfahrungen machen: „Wir versuchen Projekte durchzuführen, mit denen wir Selbstvertrauen stärken und den Teilnehmenden zeigen, welche Selbstwirksamkeit sie entwickeln können.“ Das gelang zum Beispiel in einem Fotoprojekt zum Thema „Identität“, das mit einer öffentlichen Ausstellung endete: „Es war unfassbar schön zu sehen, wie stolz die Teilnehmenden darauf waren und wie sie jedes noch so kleine positive Feedback aufgesogen haben.“

Vorbild sein

Damit Klient*innen sich auch trauen, an solchen Kreativprojekten teilzunehmen oder sich in gemeinsamen Gesprächen zu öffnen, ist es laut Martin Heinritz wichtig, selbst mitzumachen. „Verlang von den Leuten nichts, was du nicht selber bereit bist zu tun.“ Der Experte kann dabei auf einen breiten Methodenfundus zurückgreifen, weil er über sieben Jahre mit Schülerinnen und Schülern im Rahmen sogenannter Tage religiöser Orientierung (TrO) gearbeitet hat.

Dabei hat er auch die Erfahrung gemacht, Menschen mal nicht zu erreichen: „Wer wirklich nicht will, den wirst du auch nicht kriegen. Ganz egal, wie sehr du dich anstrengst. Und wenn du dich in einem Gruppensetting zu sehr auf diese einzelne Person fokussierst, besteht die Gefahr, alle anderen zu verlieren.“

Solche Situationen verlangen Fachkräften auch besonders viel in Sachen Selbstmotivation ab. „Die Gefahr ist immer, das, was einem das Gegenüber spiegelt, in sich aufzusaugen und selber zurückzuspiegeln.“ So hält Martin Heinritz es für immanent wichtig und gleichzeitig die größte Herausforderung, sich selbst zu reflektieren: „Warum mache ich das? Und warum lasse ich mich gerade selbst so beeinflussen?“ Ebenso gelte es, jeder Person und ihren Problemen ähnlich motiviert zu begegnen, auch wenn einem die Situationen bekannt vorkommen. Für diese Person sei es schließlich ihre ganz persönliche Herausforderung, die sie mit der passenden Unterstützung bewältigen kann.

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