Mehr als Matching
Mal eben einen Job suchen, zuteilen und fertig? Für Arbeitsvermittler*innen gehört viel mehr dazu, sie behalten alles im Blick und setzen sich intensiv mit jedem einzelnen auseinander.

Mehr als Matching

Arbeitsvermittler*innen sind Multitalente mit großer Verantwortung. Denn sie unterstützen Arbeitsuchende auf ihrem Weg, dabei werden individuelle Lebenssituationen beachtet, das macht die Arbeit intensiv, aber auch spannend.

Text: Stefanie Schweizer 

Mal ist es der fehlende Führerschein, mal veraltete Fachkenntnisse und ein anderes Mal wiederum verhindern gesundheitliche Einschränkungen, dass Menschen zurück in die Erwerbsfähigkeit finden. Diese Hemmnisse aufzuspüren und proaktive Lösungen zu entwickeln, ist eine der Hauptaufgaben von Arbeitsvermittler*innen. Aber eben nur eine davon, wie Katrin Jungclaus weiß: „Es geht eben nicht primär um Arbeitsvermittlung, bei der offene Stellen und Bewerber*innen gematcht werden. Vielmehr geht es um die Heranführung an den Arbeitsmarkt durch gemeinsame Arbeit am Abbau von Hemmnissen. Auch Integrationshemmnissen. Im Jobcenter heißen Arbeitsvermittler*innen nicht ohne Grund häufig Integrationsfachkräfte“. Katrin Jungclaus arbeitet im Jobcenter Stade als Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt und Coachin für Weiterbildungen der Arbeitsvermittlung.

Offen für verschiedene Fächer

Neben der Agentur für Arbeit zählen auch private Unternehmen im Bereich Arbeitsvermittlung sowie Zeitarbeitsfirmen zu möglichen Arbeitgebern der Branche. Auch bei Institutionen, die psychosoziale Dienste anbieten, wie beispielsweise kirchliche Träger oder Wohlfahrtsverbände, können Arbeitsvermittler*innen eine Anstellung finden. Allerdings kann die Vermittlung von Erwerbsstellen hier ein Thema von vielen sein. Je nach Fokus des potenziellen Arbeitgebers können Fachkräfte abschätzen, mit welchen Studienabschlüssen sie gute Chancen haben.

So werden in Stellenausschreibungen Fachkräfte der Sozialwissenschaft, der Sozialen Arbeit sowie gelegentlich der Psychologie präferiert. Dass aber auch Fachkräfte anderer Fachrichtungen einsteigen können, bestätigt Katrin Jungclaus: „Als Arbeitsvermittler*in können sich alle mit einem Hochschulabschluss bewerben, wobei egal ist, in welcher Fachrichtung. Auch Menschen mit Berufserfahrung bei privaten Bildungsträgern haben gute Chancen. Die Branche ist auch offen für Quereinsteiger*innen.“

Was sich deutlich zeigt: Die Arbeitsvermittlung bietet verschiedene Schwerpunkte und damit für Fachkräfte die Möglichkeit, sich zu spezialisieren. So suchte beispielsweise die Agentur für Arbeit Kassel eine*n Arbeitsvermittler*in „für akademische Berufe mit Beratungsaufgaben in Teilzeit“. Die Agentur für Arbeit Arnstadt hingegen bat um Bewerbungen von Fachkräften für den Bereich „Arbeitsvermittlung/-beratung und Integration“, unter anderem mit Schwerpunkt auf die Besetzung von Ausbildungsstellen.

Dementsprechend unterschiedlich gestalten sich die Aufgaben von Arbeitsvermittler*innen. „Im Bereich des Fallmanagements geht es häufig um die Einbeziehung von Netzwerkpartnern, wie Schuldner- und Suchtberatung. Dann wiederum geht es um fehlende Sprachkenntnisse, fehlende Kinderbetreuung oder den Erwerb beruflicher Qualifikationen“, so Jungclaus.

Detailliebe und Weitsicht

Hürden und Strukturen einer arbeitssuchenden Person ganzheitlich erfassen zu können, ist jedoch eine grundsätzliche Fähigkeit, die Arbeitsvermittler*innen benötigen. Zusätzlich müssen sie sich mit den Netzwerkpartnern der Region, den Maßnahmen der Bildungsträger und dem Arbeitsmarkt im Allgemeinen auskennen. „Unabhängig vom Schwerpunkt wird mit Gesetzen gearbeitet, die nicht immer so leicht verständlich sind. Es braucht also Interesse an der Arbeit mit Gesetzen und Verwaltungsvorschriften. Und die Arbeit besteht zu nicht erheblichen Teilen aus der korrekten Dokumentation und dem Umgang mit verschiedenen Programmen“, erklärt Jungclaus.

Dass neben Empathie, Beratungskompetenz und ressourcenorientiertem Denken auch interkulturelle Kompetenzen in der Arbeitsvermittlung besonders wichtig sind, macht das Institut für Interkulturelle Kompetenz und Didaktik deutlich. Zu viele Probleme in der Arbeitsvermittlung gingen auf interkulturelle Missverständnisse zurück – ein Umstand, dem Fachkräfte mit gezielten Fortbildungen und Trainings zu Interkulturalität, Anitrassismus und Diskriminierungssensibilität begegnen und damit auch bei potenziellen Arbeitgebern punkten können.

Zwar wird in Sachen Sprachen in Stellenausschreibungen häufig nur der Wunsch nach Englischkenntnissen genannt; Fachkräfte, die Sprachen beherrschen, die nicht im deutschen Bildungssystem gelehrt werden, können damit aber ebenfalls punkten. Aber auch sprachliche Weiterbildungen für Fachkräfte, die aktuell bereits in der Arbeitsvermittlung tätig sind, können dazu beitragen, dem aktuellen Bedarf nach qualitativer Arbeit gerecht zu werden.

Kein Stillstand

Denn der Anspruch an die Arbeitsvermittlung wandelt sich ständig. So vermutlich auch, wenn das sogenannte Bürgergeld eingeführt wird: „Es gibt Kolleg*innen, die befürchten, dass einige Kund*innen dann nicht mehr erreicht werden, wenn der Druck fehlt. Insgesamt wird die Klientel im Jobcenter arbeitsmarktferner und zunehmend aus Langzeitarbeitslosen bestehen. Denn schon jetzt ist der Arbeitsmarkt sehr aufnahmefähig, und trotzdem finden viele keinen Job“, so Jungclaus. Für angehende sowie aktuelle Arbeitsvermittlerinnen und Arbeitsvermittler bedeutet das ein Arbeitsfeld, in dem Stehenbleiben keine Option ist.

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