
Wer braucht welche Sprache?
Ohne eine Fremdsprache in einer Bewerbung zu nennen, würde kaum ein*e Akademiker*in einen Lebenslauf abschicken. Doch welche Fremdsprachen helfen konkret bei Bewerbungen und auf der Karriereleiter weiter? Und wie eignet man sich am besten eine neue Sprache an?
Text: Maike von Haas
Wer sich einem Land, der Kultur oder einer Gemeinschaft zugehörig fühlt, will in der Regel auch die dazugehörige Sprache sprechen können, denn das vereinigt Menschen und schafft Gemeinschaft. Fremdsprachkenntnisse können zudem gute Karrierechancen bieten, denn mehrsprachige Arbeitnehmer*innen gelten als engagierte Fachkräfte. Mit ihrem Fremdsprachenerwerb zeigen sie die Motivation, den eigenen Horizont erweitern zu wollen.
Natürlich gibt es Jobs, in denen Fremdsprachkenntnisse täglich angewendet werden müssen, etwa als Übersetzer*in. Doch auch in anderen Branchen gehört es dazu, eine Fremdsprache – oder gar mehrere – in Wort und Schrift sehr gut zu beherrschen. In anderen Jobs wiederum sind mündliche Fremdsprachenkenntnisse ausreichend, um sich beispielsweise besser mit Kolleg*innen, Kund*innen oder Geschäftspartner*innen verständigen zu können.
Was bedeuten die Sprachniveaus?
Das Jobportal Indeed untersuchte 2020 Stellenanzeigen für den deutschen Markt und fand heraus, dass in knapp einem Fünftel der ausgeschriebenen Stellen spezifische Fremdsprachenkenntnisse gefragt waren. Allen voran Englisch, gefolgt von Französisch und Spanisch. Dann kommen Italienisch, Russisch, Polnisch, Arabisch, Chinesisch und Türkisch. Fragen Arbeitgeber explizit nach Kenntnissen in Fremdsprachen, dann fordern sie, dass die Bewerber*innen diese auf einem gehobenen Niveau beziehungsweise verhandlungssicher beherrschen. Die Analyst*innen von Indeed erklären darüber hinaus, dass von den Arbeitgebern Basiskenntnisse insbesondere von Englisch ohnehin erwartet und in den Stellenanzeigen meist nicht ausdrücklich genannt werden.
Grundsätzlich verschaffen Kenntnisse einer Fremdsprache über dem B2-Niveau in einer Bewerbung Vorteile. Unternehmen, die global tätig sind, bevorzugen Bewerber*innen, die mehrere Sprachen auf diesem Niveau beherrschen, weil sie in verschiedene Arbeitsmärkte integriert werden können. Der gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) umfasst die Niveaus A (Elementare Sprachverwendung), B (Selbstständige Sprachverwendung) und C (Kompetente Sprachverwendung). Diese Level sind wieder in zwei Stufen unterteilt.
Wer ganz einfache Sätze verstehen und anwenden, Fragen zur eigenen Person und zu anderen stellen, beantworten und sich verständigen kann, wenn die Gesprächspartner*innen langsam und deutlich sprechen, hat vermutlich das Niveau A1. Wer sich in routinemäßigen Situationen verständigen und Dialoge im Zusammenhang mit unmittelbaren Bedürfnissen beschreiben kann, weist das Niveau A2 vor. B1 beschreibt das Niveau, das eine Person hat, die in der Lage ist, über Erfahrungen und Ereignisse zu berichten, Ziele und Pläne zu beschreiben sowie sich über persönliche Interessensgebiete zu verständigen.
Das Niveau B2 umfasst die Fähigkeiten, komplexere Texte und abstrakte Themen zu verstehen sowie Fachdiskussionen zu führen. Fachkundige Sprachkenntnisse auf Niveau C1 bedeutet: Ein breites Spektrum anspruchsvoller Texte wird verstanden, und man kann sich fließend und spontan ausdrücken, auch zu komplexen Sachverhalten. Und C2 heißt schließlich, alles, was er oder sie liest und hört, wird mühelos verstanden, und er oder sie kann „auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich machen“.
Faszination Fremdsprache
Das Sprachenerlernen übt auf viele Menschen eine besondere Faszination aus, die sich bereits in der Schule bemerkbar macht. Diese Menschen nehmen den Unterrichtsinhalt in Fächern, in denen eine Fremdsprache vermittelt wird, mit deutlich mehr Enthusiasmus auf als anderen Lernstoff. Oft suchen Sprachverliebte dann auch nach dem Schulabschluss Möglichkeiten für den Fremdspracherwerb – vom Sprachstudium über Sprachreisen bis hin zu Online-Kursen.
Die wichtigsten Branchen für Berufe mit Sprachen sind Sprachwissenschaften, Übersetzen und Dolmetschen, Bildung und Weiterbildung, Kultur und Medien, Politik, Diplomatie und Verwaltung, gemeinnützige Organisationen, Tourismus, Kundenservice, Logistik- und Verkehrswesen, internationaler Handel und Marketing. Wer beispielsweise im Tourismus arbeitet oder arbeiten möchte, hat Vorteile, wenn er oder sie Spanisch oder Romanistik studiert hat, da Spanien und Italien zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen gehören.
Gerne gesehen: Sprachen von Einwanderungsgruppen
Wer schon im Studium seinen Schwerpunkt auf Sprachen gelegt hat, kann sich als Übersetzer*in entweder auf allgemeine Texte konzentrieren oder auf bestimmte Fachrichtungen spezialisieren und beispielsweise juristische oder medizinische Fachtexte, Verträge oder Betriebsanleitungen übersetzen. Für den Beruf als Übersetzer*in ist kein Studium notwendig.
Das ist anders als bei Dolmetscher*innen, die Gespräche oder Vorträge bei Behörden, Veranstaltungen und Konferenzen übersetzen – entweder simultan, also gleichzeitig, oder konsekutiv mit dem oder der Sprecher*in. In diesem Beruf muss man mindestens zwei Fremdsprachen fließend sprechen können. Sowohl Übersetzer*innen als auch Dolmetscher*innen arbeiten häufig frei und nicht im Rahmen einer Anstellung.
Bei aller Sprachenliebe: Nicht jedem liegt es, eine Fremdsprache beruflich so in den Mittelpunkt zu stellen wie beim Dolmetschen. Es gibt jedoch noch andere Möglichkeiten, Fremdsprachenkenntnisse mit dem gewählten Beruf zu verknüpfen, etwa im sozialen Bereich. Die „Berliner Lebenswelt – Interkulturelle Kinder- und Jugendhilfe“ zum Beispiel sucht pädagogische Fachkräfte mit Sprachkenntnissen in Ukrainisch, Russisch, Bulgarisch, Slowakisch, Kurdisch, Vietnamesisch, Rumänisch, Polnisch, Farsi, Bosnisch und Arabisch. Wenn man eine oder mehrere dieser Sprachen von Haus aus mitbringt, weil man zweisprachig aufgewachsen ist, hat man hier natürlich gute Karten.
Interessant sind auch diese im WILA Arbeitsmarkt veröffentlichten Stellenausschreibungen: der terre des hommes Deutschland e.V. in Osnabrück sucht aktuell eine*n Referent*in für das Projekt „Dialogue Works“. Gesucht wird dabei ein*e Muttersprachler*in jedweder Sprache, der oder die Englisch sehr gut in Wort und Schrift beherrscht und mögliche Deutsch- und Spanischkenntnisse vorweisen kann. Das Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte sucht außerdem eine*n Direktor*in (m/w/d) mit verhandlungssicheren Sprachkenntnissen in Deutsch und Englisch sowie guten Kenntnisse mindestens einer weiteren Sprache.
Neben Deutsch und Englisch werden auch immer wieder Kenntnisse in Französisch nachgefragt, beispielsweise hier: Die Stiftung Stadtmuseum Berlin schreibt die Stelle Referent*in für die Entwicklung eines Lern- und Erinnerungsorts „Kolonialismus“ in Berlin (m/w/d) aus, für die Verhandlungs- und Textsicherheit in der deutschen Sprache (mindestens C1-Niveau), sehr gute Englisch- und Französischkenntnisse (mindestens C1- und B2-Niveau) gefordert sind sowie im besten Fall „Kenntnisse in einer Sprache, die in unserer Stadt von einer größeren Einwanderungsgruppe gesprochen wird“.
Sprachlern-Apps im Trend
Wer neben dem Berufsalltag seine Fremdsprachkenntnisse erweitern möchte, für den sind Lern-Apps eine flexible, und damit gut zu integrierende Möglichkeit. Einige Apps werden sogar schon im Fremdsprachenunterricht in der Schule angewendet. Die Apps gibt es teilweise als kostenlose Version, dann aber häufig mit Werbung. Wer es werbefrei möchte, zahlt in der Regel eine monatliche Gebühr, die je nach Anbieter variiert.
Die wohl bekannteste Sprachlern-App ist Babbel. Hier können 14 Sprachen erlernt werden mittels E-Leaning per PC, Tablet oder Mobiltelefon. Wer noch schneller vorankommen will und mehr bezahlen kann, kann über die Plattform flexiblen Einzelunterricht mit muttersprachlichen Tutor*innen hinzunehmen. Diese gehen auf individuelle Lernziele und Themenschwerpunkte ein. Für Business-Englisch werden tägliche, 15-minütige Lektionen angeboten, die (fast) immer in den Alltag integriert werden können.
Eine andere Möglichkeit ist Duolingo. Diese App bietet motivierende Ansätze, die sich an die Gamer-Welt anlehnen. Allerdings kann hier nicht mehr als das Niveau A2 erreicht werden. Mit Mondly ist es möglich, 41 verschiedene Fremdsprachen zu lernen. Die Lektionen können thematisch frei gewählt werden, sodass das gelernt werden kann, was gerade am wichtigsten ist. Wer vor allem den eigenen Wortschatz erweitern möchte, kann das mit Mosalingua tun.
Bis zum Niveau B2 kann einen die App Busuu führen. Zudem gibt es hier ein Netzwerk von Muttersprachler*innen, die Feedback zu gesprochenen und geschriebenen Texten geben. Jicki dagegen bietet eine etwas ausgefallenere Form des Lernens an, die sogenannte Sprachdusche: das sind Audios untermalt mit entspannender Musik. Und schließlich sei unter der Vielzahl von Sprachlern-Apps noch Rosetta Stone genannt, die eine kostenlose Testversion bietet. Der Fokus hier liegt auf Alltagskommunikation.
Der Artikel ist im WILA Arbeitsmarkt erschienen. Neben einem redaktionellen Teil bietet das Abo-Produkt hunderte ausgewählte aktuelle Stellen – handverlesen speziell für Akademiker*innen mit einem generalistischen Studienhintergrund.
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