
Logistik in grün?
Wie lässt sich der zunehmende Flächenbedarf der Logistikbranche nachhaltig gestalten? Im Projekt Logist.Plus arbeiten Kommunen, Unternehmen und die Wissenschaft an einer Lösung. Mit dabei: die Landschaftsökologin und WILA-Mitarbeiterin Meike Rohkemper.
Text: Daniela Obermeyer

Gewerbegebiete brauchen im Allgemeinen viel Raum und die Logistik-Branche im Besonderen. Sie boomt dank des zunehmenden Online-Handels und weil die Lieferketten der Industrie immer komplexer und globaler werden. Anwohner*innen aber beklagen das dadurch entstehende, hohe Verkehrsaufkommen und die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch Logistikhallen. Auch die Kommunen stehen Logistikunternehmen zunehmend kritisch gegenüber, weil andere Branchen mehr Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen versprechen.
Wie soll man all diese Interessen zusammen denken? Hier setzt das Projekt Logist.Plus an, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Der Wissenschaftsladen Bonn (WILA), die Universität und die Hochschule Osnabrück, das Bodenbündnis – ELSA e.V. und das Kompetenznetz Individuallogistik (KNI) e.V entwickeln hierfür gemeinsam mit den kommunalen Partnern in der Projektregion Landkreis Osnabrück, Stadt Osnabrück und Kreis Steinfurt eine Lösung.
Zwei Phasen: Theorie und Praxis
Wie kann ein nachhaltiger Logistikstandort aussehen und wie lässt sich der Flächenverbrauch insgesamt reduzieren? Bei Neubauten ist es sinnvoll, sich auf Brownfields zu konzentrieren, also Industriebrachen. „Bei neuen Gebäuden sollte die Architektur möglichst flexibel gestaltet sein“, erklärt Meike Rohkemper. Sie ist mit zwei Kolleginnen vonseiten des WILA Bonn verantwortlich für das Projekt. „Ein multifunktional gebautes Gebäude kann bei Bedarf für einen anderen Zweck genutzt werden“. Möglichst kompakt und in die Höhe zu bauen mit recyclebaren Materialien ist ebenfalls empfehlenswert.
Bestehende Standorte sollten die vorhandene Fläche effizient nutzen. Bei der Verkehrsanbindung können sich mehrere Partner zusammenschließen. Auch die gemeinsame Nutzung von Immobilien, Verkehrsflächen oder Entwässerungssystemen spart Ressourcen ein. Dachflächen mit Photovoltaik, Fassadenbegrünung und Ähnliches sorgen für mehr Nachhaltigkeit insgesamt, eine bessere Aufenthaltsqualität und erhöhte Akzeptanz in der Bevölkerung.
Was so einfach klingt, muss jedoch auf die Gegebenheiten vor Ort und in die Praxis übersetzt werden. Logist.Plus ist deswegen in zwei Phasen unterteilt. Zunächst wurden Standortanalysen durchgeführt und darauf basierend Konzepte entwickelt. Diesen wissenschaftlichen Part haben in erster Linie die Universität und die Hochschule Osnabrück übernommen. „Unsere Aufgabe als Wissenschaftsladen Bonn war es, diese Ergebnisse für die anderen Projektpartner anschaulich aufzubereiten“, schildert Meike Rohkemper.
Aus diesem Prozess wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet für die aktuell laufende, zweite Phase. „Hier nehmen wir eine moderierende Rolle ein“, so die Projektmitarbeiterin. „Wir unterstützen die Kommunen dabei, die erarbeiteten Lösungen umzusetzen. Zudem fördern wir den Dialog zwischen allen Beteiligten: kommunale Verwaltung, Logistikunternehmen und Bürger*innen.“ Das erfolgt zum Beispiel über Workshops, einen Beratungsleitfaden und eine Plattform zum interkommunalen Austausch namens Arbeitskreis Logistik.
Kommunikative Skills förderlich
Meike Rohkemper hat Landschaftsökologie und Naturschutz studiert. Es folgte ein mehrjähriger Auslandsaufenthalt in Namibia, wo sie für eine lokale NGO unter anderem am Thema nachhaltiges Management von natürlichen Ressourcen arbeitete. In Ägypten, einem Durchzugsgebiet für viele Zugvögel, ging es anschließend um die vogelfreundliche Gestaltung von Hotelanlagen. Nächste Station war die Naturschutz-Stiftung Global Nature Fund in Bonn. Dort war sie im Projekt „Gewerbegebiete im Wandel“ tätig, das unter anderem die ökologische Umgestaltung dieser Flächen zum Ziel hatte. Einer der Projektpartner war der WILA Bonn.
Mit naturnaher Standortgestaltung hat Meike Rohkemper also viel Erfahrung. Zusätzlich hat sie sich als Fachberaterin in Dachbegrünung zertifizieren lassen. Bei Logist.Plus arbeitet sie mit Geograf*innen, Biolog*innen, Expert*innen aus Bodenkunde, Wirtschaft, Nachhaltigkeit und Bildung zusammen. „Von einem interdisziplinären Team profitiert so ein Projekt. Sonst hat jede*r nur die Brille der eigenen Fachrichtung auf“, ist sich Meike Rohkemper sicher. Ihrer Meinung nach sind vor allem kommunikative Fähigkeiten hilfreich: Gespräche führen, moderieren, aber auch verständlich schreiben können. Was außerdem noch zählt, sei ein gewisses Grundverständnis von Nachhaltigkeit.
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