
Bei den Kleinsten anfangen
Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln zu befähigen, von klein auf – darum geht es bei Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Und so setzt BNE bereits im Kleinkindalter an. Wie das funktioniert, erklärt WILA-Mitarbeiterin Cornelia Voß.
Text: Daniela Obermeyer

In vielen Kindertageseinrichtungen (Kita) und in der Kindertagespflege beschäftigen sich die Kleinen mit zukunftsrelevanten Themen, meistens aber nur kurz und punktuell. Hier setzt das WILA-Projekt „Nachhaltige Kita, nachhaltige Kindertagespflege“ an. Das von Engagement Global mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit geförderte Projekt will BNE in der frühkindlichen Bildung zwischen 0 und 6 Jahren verankern.
Bis zum Dezember 2025 sollen bundesweit 180 Einrichtungen der Elementarpädagogik – 140 Kitas und 40 Kindertagespflegeeinrichtungen – als nachhaltig ausgezeichnet werden. „Wir zielen darauf ab, das Engagement, das in vielen Einrichtungen bereits vorhanden ist, zu fördern, auszubauen und öffentlich sichtbar zu machen“, erklärt Dr. Cornelia Voß. Die Ernährungswissenschaftlerin ist beim Wissenschaftsladen Bonn unter anderem für „Umweltbildung und Nachhaltigkeit“ verantwortlich und führt mit einer Kollegin aktuell das BNE-Projekt durch. Bei dessen Vorläufern wurden bereits 350 Kitas ausgezeichnet.
Jeans in vielen Teilen
Zielgruppe sind nicht direkt die Kinder, sondern deren Erzieher*innen oder Kindertagespflegepersonen. Pro Einrichtung werden ein bis zwei Personen geschult, sodass sie BNE in ihrer Einrichtung strukturell verankern sowie selbst Aktionen, Projekte und Experimente mit den Kindern durchführen können. Demnach teilt sich die Arbeit von Cornelia Voß auf zwei Bereiche auf: die Erstellung beziehungsweise Überarbeitung von Bildungsmaterialien für BNE-Aktivitäten sowie die Workshops für die Fachkräfte.
Der erste Workshop dreht sich um das Verständnis von BNE, um eine Bestandaufnahme, was in der Einrichtung in diese Richtung bereits läuft, und um Input für konkrete Praxis-Projekte. „Es soll dabei unter anderem deutlich werden, dass BNE etwa auch eine soziale, nicht nur eine ökologische Komponente hat“, erklärt Cornelia Voß. Bildlich erklärt wird das an einer ungleichmäßig zerschnittenen Jeans: Die Erzieher*innen sollen einschätzen, welches Stück für welchen Kostenanteil steht: unter anderem für Materialien, Transport, Handel wie auch die Löhne der Arbeiter*innen. Am Ende wird aufgelöst, dass Letzteres gerade mal ein Prozent des Verkaufspreises im Laden ausmacht.
Für Cornelia Voß sind zwei Dinge in Bezug auf BNE entscheidend: Die globalen Zusammenhänge müssen vermittelt werden und die Selbstwirksamkeit jedes Einzelnen sollte bestärkt werden. Im zweiten Workshop wird das Umgesetzte reflektiert, und weitere Themen werden für die Praxis erarbeitet. Was die Fachkräfte in der eigenen Einrichtung umsetzen, dokumentieren sie auf der Projektwebseite. So wird das Engagement öffentlich gemacht und Interessierte können sich Anregungen holen.
Persönlicher Austausch
Workshops, Berichte, Abrechnungen – Cornelia Voß macht das zusammen mit ihrer Kollegin alles selbst. „Sehr viel Zeit nimmt der direkte, persönliche Austausch mit den Kitas auch außerhalb der Workshops ein“, erklärt sie. „Dadurch bekommt man aber auch einen sehr guten Einblick in die Zielgruppe und lernt viel dazu, was vor allem gut ist, wenn man fachfremd ist.“
Cornelia Voß hat Ernährungswissenschaften in Bonn studiert und zu einem pharmakologischen Thema promoviert. Ihren ursprünglichen Plan einer Hochschulkarriere gab sie auf und nahm eine Stelle beim WILA Bonn an. Ihr erstes Projekt drehte sich um Textilien und deren ökologische Komponenten. „Das gehörte thematisch schon zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, aber es hieß damals offiziell noch nicht so“, erzählt sie.
Weil sie ihr Interesse an Ernährungsthemen wieder mehr in den Vordergrund rücken wollte, organisierte sie anschließend ein drittmittelgefördertes Koch- und Ernährungsangebot mit Kindern aus einem sozial benachteiligten Stadtteil in Bonn. Von dort war der Weg naheliegend zum ersten ausgewiesenen BNE-Projekt in Kitas, das 2019 startete. „Man muss für ein solche Projekt kein*e Pädagog*in sein“, betont Cornelia Voß. „Viel wichtiger ist es, sich intensiv mit dem Thema BNE zu beschäftigen und bereit zu sein, sich in neue Sachen reinzudenken.“
So wie das ihre WILA-Kollegin getan hat. Diese ist eigentlich ausgebildete Redakteurin mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund, hat sich aber privat viel mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt und dann eingearbeitet. Gerade bei so einem vielschichtigen Thema wie BNE helfe es, wenn Menschen mit bunt gemischten beruflichen Erfahrungen zusammenarbeiten, so Cornelia Voß.
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